Pa­ris 2024

Rad­tour Bonn-Paris-Maisse-Bonn

Ge­wid­met An­na und Mil­li und all de­nen, die mich im Wald­kran­ken­haus Bonn lie­be­voll ge­pflegt ha­ben, so­wie dem Te­am der HNO-Ärz­te, die mich fach­ge­recht aus­ein­an­der­ge­nom­men und wie­der zu­sam­men­ge­flickt ha­ben.

Ein­lei­tung

38 Jah­re nach mei­ner letz­ten Tour nach Pa­ris und 18 Jah­re nach mei­ner letz­ten Mehr­ta­ges­tour bre­che ich En­de Ju­li 2024 wie­der auf nach Mais­se, ei­nem klei­nen Ort 60 km süd­lich von Pa­ris. Es ist in vie­le­rei Hin­sicht ei­ne denk­wür­di­ge Fahrt. Vor ei­nem Jahr hat­te ich ei­ne Krebs­ope­ra­ti­on im Ra­chen, die mich im­mer noch schlecht schlu­cken, lang­sam es­sen und oft un­ver­ständ­lich spre­chen lässt. Und es sind Olym­pi­sche Som­mer­spie­le in Pa­ris.

Auf zwei Fahr­ten zwi­schen Bonn und ei­nem klei­nen Ort bei Bin­gen, 137 km lang, hat­te ich die pri­zi­pi­el­le Taug­lich­keit für die­ses Un­ter­neh­men ge­tes­tet, nach­dem ich be­reits An­fang April im Win­ter­ur­laub in Zer­matt 14.000 Hö­hen­me­ter an ei­nem Tag ge­fah­ren hat­te, das Dop­pel­te des­sen, was ge­sun­de Ski­fah­rer für ge­wöhn­lich fah­ren. Da­mals war ich noch mit ei­nem Luft­röh­ren­schnitt und ei­ner Kanü­le im Hals un­ter­wegs, die aber nur noch als Platz­hal­ter diente, weil ich so bes­ser spre­chen konn­te.

Abendessen am Campingplatz Vieux Moulin Zwar nervt es mich ge­wal­tig, wenn al­te Leu­te über ih­re Krank­hei­ten spre­chen, aber zum Ver­ständ­nis der Um­stän­de ist das hier wich­tig. Ins­be­son­de­re muss ich je­den Bis­sen mit ei­nem Schluck Flüs­sig­keit be­glei­ten, was Es­sen aus­ge­spro­chen müh­sam macht und die Län­ge der Pau­sen fast ver­dop­pelt. Das hält auf und muss kom­pen­siert wer­den, z. B. durch sehr frü­hes Auf­ste­hen und ei­ne Re­duk­ti­on der An­zahl der Pau­sen. Kein Wun­der al­so, dass ich auf die­ser Tour noch ein­mal 5 kg ab­neh­me.

Und na­tür­lich fah­re ich mit ei­nem Push­bike nach Pa­ris, al­so oh­ne Stro­man­trieb. Nur an zwei Stel­len muss ich mich zwi­schen Schie­ben und Herz­in­farkt ent­schei­den. Ei­ne wei­te­re Stel­le meis­te­re ich durch me­an­drie­ren, was mit ei­nem Rad die­ser Kon­fi­gu­ra­ti­on auf ei­ner schma­len Stra­ße ei­ne ge­wis­se Übung er­for­dert.

Be­la­dung

Als Nord­kapp­fah­rer ken­ne ich nichts an­de­res als ei­ne Ver­tei­lung des Ge­wichts auf Vor­der- und Hin­ter­rad. Paris 2024 - Beladung Das ner­vö­se hin und her ei­nes nur auf der Hin­ter­ach­se be­la­de­nen Rads ist nicht mein Ding. Ich nut­ze zwar ei­nen Low­ri­der vor­ne, aber die hö­he­re Auf­hän­gung der vor­de­ren Sat­tel­ta­schen, wie ich es auf der Nord­kapp­tour prak­ti­ziert hat­te, hat den Vor­teil, dass man wäh­rend der Fahrt mal eben ei­ne Ka­me­ra aus der Ta­sche zie­hen kann, oh­ne ab­zu­stei­gen. Da ich dies­mal oh­ne ei­ne Sys­tem­ka­me­ra fah­re, ist das aus­nahms­wei­se nicht so wich­tig. Al­ler­dings wer­de ich die Ka­me­ra ver­mis­sen.

Nach ei­nem er­folg­rei­chen Test ge­he ich noch ei­nen Schritt wei­ter und neh­me die bei­den gro­ßen Ta­schen nach vor­ne. Die bei­den klei­ne­ren, die eben­falls schwer be­la­den sind, kom­men zu­sam­men mit dem Zelt nach hin­ten.

Das Ge­wicht der Be­la­dung:

4320 g Bekleidung (klein). 3150 g Gaskocher und Topf (klein). 4920 g Verpflegung. 4080 g Schlafsack, Ersatzschuhe. 2990 g Lenkertasche. 2710 g Zeltrolle ------- 22170 g Zwischensumme. 160 g Butterdose. 250 g Steinguttasse. 220 g Handtuch. 2200 g Trinkflaschen gefüllt. ------- 25000 g =======

Aus­wahl der Rei­se­rou­te

Hat­te ich vor 40 Jah­ren noch die Car­te Mi­che­lin be­mü­hen müs­sen, um ei­ne Rou­te zu pla­nen, lässt man das heu­te die gän­gi­gen Apps ma­chen. Im we­sent­li­chen gibt es drei Apps, die ich zu ra­te zie­he: Goo­gle Maps, Gra­phHop­per und Ko­moot. Bei die­ser Rei­se ha­be ich mich auf Ko­moot ver­las­sen, was nicht un­be­dingt funk­tio­nie­ren muss. Be­son­ders ver­schreckt ha­ben mich zwei Din­ge: Im Kreis­ver­kehr heißt es bei aus­ge­schal­te­tem Bild­schirm oft «ers­te Aus­fahrt neh­men», auch wenn auf dem wie­der ein­ge­schal­te­ten Bild­schirm die drit­te Aus­fahrt er­scheint. Und zwei­tens hat mich die Rou­ten­wahl kurz vor Pa­ris, hin­ter Sen­lis, völ­lig kons­ter­niert. Dort wur­de ich auf ei­ne vier­spu­ri­ge Rou­te De­par­te­men­ta­le (D 1017)1 ge­lenkt, von der ich durch kurz­fris­ti­ges Um­pla­nen ak­tiv ab­wei­chen muss­te. Viel­leicht ist das bei der Pre­mi­um Ver­sion bes­ser.

An­sons­ten hat sich die Rou­ten­wahl so­wohl hin als auch zu­rück be­währt. Dass ich auf dem Hin­weg auf den Rad­fern­wan­der­weg Eu­ro­vélo 3 ge­lenkt wur­de, hat mir viel Är­ger mit dem Au­to­ver­kehr er­spart. Auch auf dem Rück­weg lag die Be­to­nung auf Rad­we­gen, vnf-Stra­ßen2 (ka­nal­be­glei­tend) und Ne­ben­stra­ßen, ei­ni­ge so ein­sam, dass mir auf meh­re­ren Ki­lo­me­tern kein Au­to be­geg­net ist. Al­ler­dings woll­te Ko­moot im­mer wie­der die Venn­bahn ver­las­sen, um die Stre­cke ab­zu­kür­zen. Die von Ko­moot ge­plan­te Rou­te wies auf dem Rück­weg 2.000 Hö­hen­me­ter mehr und 60 km we­ni­ger auf.

Na­vi­ga­ti­on und Strom

Das Pro­blem der Na­vi­ga­ti­on mit­tels Smart­phone ist, dass man selbst dann, wenn man den Bild­schirm wo im­mer mög­lich aus­schal­tet, so viel Strom ver­braucht wird, dass man am Abend mit we­ni­gen Pro­zent Rest­strom am Ta­ges­ziel an­kommt. Das kann man ver­hin­dern, in­dem man Strom selbst er­zeugt. Zwar füh­re ich ein sol­ches Sys­tem mit, be­schrie­ben auf den Sei­ten über Strom am Fahr­rad, aber man ist macht­los, wenn die Stromer­zeu­gung aus­fällt. Da­bei ist meist nicht der Dy­na­mo das Pro­blem son­dern der Gleich­rich­ter. Ei­ni­ge Ta­ge muss­te ich oh­ne ei­ge­ne Strom­ver­sor­gung aus­kom­men, lang ge­nug um sie schmerz­lich zu ver­mis­sen.


1 Die große Zahl zeigt, dass es sich um eine ehemalige Nationalstraße (N 17) gehandelt haben dürfte.
2 voies na­vi­gables de fran­ce, küm­mert sich um die Was­ser­stra­ßen.