Paris 2024
Radtour Bonn-Paris-Maisse-Bonn
Tag 13: Troisvierges-Roetgen Camping
Ich verlasse den Campingplatz Punkt 9 Uhr. Komoot möchte an dieser Stelle unbedingt abkürzen und schickt mich nicht zum Bahnhof, wo die Trasse beginnt, sondern über Land. Ich belasse es dabei, zumal ich schon an Höhe gewonnen habe und fahre auf der Höhe quer zur Vennbahn. Leider ist das ein sehr steiler Weg berab auf Schotter. Bei Kilometer 116 steige ich ein, 125 wäre der Anfang gewesen.
Direkt hinter dem Punkt, an dem ich auf die Trasse treffe, umgeht eine wenig befahrene Nebenstraße den Lengeler Tunnel, der wegen schützenswerter Fledermäuse gesperrt ist, wobei Steigungen bis 10% zu überwinden sind. Ich lese die Zahl sehr wohl auf einem Warnschild, aber nach weitaus größeren Steigungen in der Champagne kommen mir die 10% geradezu lächerlich vor.Die Vennbahntrasse verläuft streckenweise sehr romantisch. Man passiert kleine Gehöfte, Flussauen, wie das malerische Ourtal, und immer wieder Wald. Vor Sankt Vith kommt man bei Lommersweiler dann doch noch durch einen kurzen Tunnel. Ich passiere natürlich auch Burg Reuland, mache da aber nicht halt.
Sankt Vith ist deutschsprachig oder zumindest so ähnlich. Die Ardennenoffensive hatte dazu geführt, dass die Alliierten den Ort um Weihnachten 1944 in Schutt und Asche bombten. Der Rückzug der deutschen Truppen aus Sankt Vith gilt als Wendepunkt der Offensive. Auch die gotische Kirche wurde zerstört und in den 50er Jahren durch einen imposanten neo-romanischen Bau ersetzt. Historisch gesehen ist die Kirche wertlos, auch wenn Sie erahnen lässt, warum die Gotik die Romanik abgelöst hat.
Ich nutze die Nähe zum Stadtzentrum, um kurz beim Bäcker einkaufen zu gehen. Zurück auf der Trasse steigt der Weg bis auf 500 m Höhe an. Dem folgt ein angenehm langes und sanftes Gefälle bis Montenau, dem wieder ein Anstieg vom 12 km Länge auf 560 m an der N 632 nach Bütgenbach.
Zwischen der N 647 bei Surbrot und Kalterherberg liegen noch historische Schienen. Hier werden Draisinenfahrten angeboten. Auf einer Strecke von etwa 8 km sind 60 Höhenmeter zu überwinden. Die Draisinen werden mit Pedalen, will sagen mit den Füßen, angetrieben.
Nach einer weiteren langen Steigung auf die Höhe 550 senkt sich der Weg in Richtung Roetgen ab. Auf etwa 7 km lasse ich mich Richtung Campingplatz Faulenbruch rollen. Der Name tut sichts zur Sache. Der Campingwart ist nicht nur nett sondern auch verständnisvoll: «Wanderer und Radfahrer mit Zelt können so spät kommen, wie sie wollen. Dafür haben wir immer einen Platz. Außerdem habe ich dort Stühle und Tische hingestellt, damit Sie nicht auf dem Boden hocken müssen.»
Wirklich gut geraten ist der überdachte Essplatz in der Nähe der Rezeption. Eine große Flasche Bit für 3 Euro, gut gekühlt, wo gibt es denn so was? Das Brot auf dem Foto stammt aus der Bäckerei in Sankt Vith und ist ein deutsches Brot, was ich auf der Tour bis dahin schmerzlich vermisst hatte.
Am Ende des Tages, auf der Abfahrt zum Platz, hatte ich eine weitere Seltsamkeit bemerkt: Der Bremshebel der Hinterradbremse ließ sich fast bis zum Griff durchziehen. Ich gebe also auch noch die Losung aus, ab sofort vor allem die Vorderradbremse zu benutzen.
Nach Abendessen und Duschen setze ich mich an einen Tisch vor dem Zelt. Ich öffne eine 0,5er Cola-Flasche. Darin ist nicht Cola, nein! In der Flasche habe ich, aus Gewichtsgründen, den Rest des Rotweins vom Vorabend transportiert.