Pa­ris 2024

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Tag 12: Dou­zy le Lac-Trois­vier­ges

Es gibt Ta­ge für die man sich er­wär­men kann und sol­che, wo das nicht so rich­tig klappt. Mit 107 km ge­hört die­ser Tag zu den län­ge­ren, aber es ist wohl vor al­lem das Wet­ter, das we­nig blei­ben­den Ein­druck macht.

RAVel Ligne 165A - Grenze zwischen Frankreich und Belgien In Dou­zy kau­fe ich beim Bä­cker ein, nach­dem es am Cam­ping­platz frü­he­s­tens um 9 Uhr Brot gibt. Da bin ich be­reits 20 Mi­nu­ten un­ter­wegs. Ein Stück fol­ge ich der gut be­fah­re­nen, ehe­ma­li­gen N 43, dann geht es wei­ter über Ne­ben­stra­ßen nach Es­com­bres und wei­ter nach Mes­sing­court, wo mich Ko­moot auf ei­nen Fahr­rad­weg schickt, für den ich die Stra­ße kreu­zen muss. Kur­ze Zeit spä­ter be­grüßt mich ein Schild mit der Auf­schrift: «Will­kom­men in der Wal­lo­nie». Frank­reich liegt jetzt hin­ter mir.

Der Weg er­in­nert mit sei­nen lan­gen Gera­den an ei­ni­ge Ab­schnit­te im Kot­ten­forst, was ich auch so auf den so­zia­len Me­di­en pos­te, die mich je­den Tag da­zu ver­lei­ten, ein oder zwei Ein Bild wie im Kottenforst An­ek­do­ten zum Bes­ten zu ge­ben.

Ähn­lich wild wie sich die Flüs­se durch die Ar­den­nen win­den, win­det sich auch mei­ne Tras­se. Hin­ter Sainte-Céci­le braucht der Weg ei­ni­ge Ki­lo­me­ter, um ei­ne Brücke über die Se­mois zu fin­den. Mit­ten im Wald wech­selt er dann auf ei­ne Schot­ter­stre­cke, leid­lich be­fahr­bar. Nach vier Ki­lo­me­tern ver­lässt er den Wald wie­der und ich fin­de mich auf ei­ner Fahr­stra­ße wie­der, die Strai­mont-Gare heißt, ob­gleich es hier weit und breit kei­nen Bahn­hof gibt, wohl aber ei­ne zwei­glei­si­ge Bahn­stre­cke.

Ich hat­te ver­spro­chen, die nas­sen Schu­he in der Son­ne durch Be­we­gung zu trock­nen. Aber an die­sem Tag bleibt die Son­ne hin­ter den Wol­ken. Ich fah­re mitt­ler­wei­le wie­der auf Ne­ben­stra­ßen über Land. Die Stra­ßen sind so schmal, dass ich auf ein Feld aus­wei­chen muss, um ei­nen LKW vor­bei­zu­las­sen, der ei­ne Bau­ma­schi­ne trans­por­tiert. Für Tre­cker gilt das glei­che, aber auf die­sem be­son­de­ren Stre­cken­ab­schnitt pas­siert das nur zwei Mal.

Ich be­fin­de mich jetzt auf Hö­hen um 400 m. Es geht im­mer wie­der 50 rauf und 50 run­ter, manch­mal auch 100. In Bel­gi­en gibt es nur Orts- oder Na­tio­nal­stra­ßen. Bei Se­mel, es hat ge­ra­de an­ge­fan­gen zu reg­nen, tref­fe ich auf die N 40, Chaus­sée de la Braque­niè­re, die auch in Frank­reich ei­nen (ehe­ma­li­gen) N-Sta­tus ge­habt hät­te. Sie ist viel be­fah­ren und laut. Aber ich ha­be kei­ne Wahl: Hun­ger und Re­gen zu­gleich trei­ben mich in ei­ne Bus­hal­te­stel­le aus Be­ton, die mich zu­ver­läs­sig ge­gen Re­gen schützt und ge­gen neu­gie­ri­ge Bli­cke. Ich ma­che ei­ne gu­te Stun­de Mit­tags­pau­se. Ich ver­zeh­re das Pain au Cho­co­lat und ein Teil des Baquet­tes aus der Bä­cke­rei in Dou­zy.

Auf der Wie­se ge­gen­über sind ein Kalt­blü­ter und ein Esel. Da­zwi­schen rauscht der Ver­kehr. Der Esel schaut, als kön­ne er nicht ver­ste­hen, was ich da in dem Häu­schen trei­be. Ich be­schlie­ße wei­ter­zues­sen, weil es mir we­nig sinn­reich er­scheint, es dem Esel zu er­klä­ren.

Es hat auf­ge­hört zu reg­nen. Der Wet­ter­be­richt sagt schon seit Ta­ge­s­an­bruch, dass es um 16 Uhr bes­ser wer­den und sich die Son­ne bli­cken las­sen soll. Ich set­ze den Weg fort über Tron­quoy in Rich­tung Rena­u­mont, wo ich nach zwei Ki­lo­me­tern auf den Pré-RAVeL 163 tref­fe. Die Schil­der sa­gen mir, dass ich nach 19 km Bas­to­gne er­rei­chen wür­de. Der Weg ist ge­schot­tert aber in gu­tem Zu­stand, so­dass ich am En­de recht zü­gig vor­an­kom­me. Es geht auch hier auf und ab, aber mit mo­de­ra­ter Nei­gung.

Ge­gen 16:30 Uhr, die Son­ne scheint seit we­ni­gen Mi­nu­ten, be­tre­te ich in Bas­to­gne ei­nen Car­re­four Su­per­markt und kau­fe Le­bens­mit­tel. Au­ßer­dem su­che ich nach ei­nem Hand­tuch, was man aber nicht führt. Mei­ne Frau hat in Mais­se das Hand­tuch der Hin­rei­se zur Wä­sche ein­ge­sam­melt, oh­ne ein neu­es raus­zu­le­gen. So bleibt mir für die Rück­fahrt nur das Re­ser­ve­hand­tuch, das we­ni­ge Qua­drat­zen­ti­me­ter groß ist.

In Bas­to­gne hät­te ich auf den Cam­ping­platz ge­hen kön­nen, aber ich will nä­her an die Venn­bahn­tras­se her­an­kom­men, die in Trois­vier­ges be­ginnt. Ein Blick auf das Hö­hen­pro­fil nach Ent­fer­nung zeigt, dass es nur noch 30 km sind. Um 17:20 Uhr fin­de ich wie­der auf die Bahn­tras­se, die un­weit des Su­per­markts be­ginnt. Ich ge­be Gas und quä­le mich die nächs­te lan­ge Stei­gung hin­auf. Da­nach geht es ei­ne Wei­le bergab.

Camping Troisvierges bei Nacht Es gibt hier so vie­le al­te Ei­sen­bahn­stre­cken, dass ich mich tat­säch­lich ein­mal in Rich­tung Houf­fa­li­ze ver­fah­re und ins­ge­samt ei­nen Ki­lo­me­ter ver­bra­te. Da­nach pas­se ich noch bes­ser auf und fol­ge dem wei­te­ren Weg oh­ne Zwi­schen­fäl­le. Ich ver­las­se den RAVeL Lig­ne 163, der mich bis Gou­vy ge­führt hät­te, an der Ab­fahrt nach Ha­chi­ville (Hel­zin­gen), das be­reits in Lu­xem­burg liegt. Von dort geht es noch ein­mal auf die Hö­he 500 hin­auf, viel­leicht we­nig mehr, be­vor ei­ne lan­ge Ab­fahrt über Bi­wisch nach Trois­vier­ges führt. Ge­gen 19:15 Uhr er­rei­che ich den Cam­ping­platz, des­sen An­fahrt ich er­fra­gen muss, weil mein Smart­phone nicht mit dem per­ma­nen­ten Wech­sel der Net­ze klar­kommt und lie­ber gar kei­nen In­ter­net­zu­griff aus­weist. Ein Neu­start löst sol­che Pro­ble­me, aber da­zu kom­me ich erst, als ich auf den Platz­wart war­te.

Der Cam­ping­platz ist freund­lich, sau­ber, auch am spä­ten Abend er­reich­bar und gut ge­führt. Zum Abend­es­sen öff­ne ich die Fla­sche Rot­wein, die ich im Car­re­four ge­kauft hat­te, lee­re sie aber ent­ge­gen mei­nen Ge­wohn­hei­ten nicht. Ein jun­ger Hol­län­der, der noch lan­ge und laut mit an­de­ren Leu­ten auf der Zelt­wie­se ge­quatscht hat, be­merkt, dass ich der letz­te bin, der noch auf den Bei­nen ist. Er fragt mich auf Eng­lisch, ob er mir ei­ne Fra­ge stel­len dür­fe. «No, not at all.» ant­wor­te ich. Er dreht bei. Auf Schnö­sel ha­be ich nach die­sem lan­gen Tag kei­nen Bock mehr.