Paris 2024
Radtour Bonn-Paris-Maisse-Bonn
Tag 12: Douzy le Lac-Troisvierges
Es gibt Tage für die man sich erwärmen kann und solche, wo das nicht so richtig klappt. Mit 107 km gehört dieser Tag zu den längeren, aber es ist wohl vor allem das Wetter, das wenig bleibenden Eindruck macht.
In Douzy kaufe ich beim Bäcker ein, nachdem es am Campingplatz frühestens um 9 Uhr Brot gibt. Da bin ich bereits 20 Minuten unterwegs. Ein Stück folge ich der gut befahrenen, ehemaligen N 43, dann geht es weiter über Nebenstraßen nach Escombres und weiter nach Messingcourt, wo mich Komoot auf einen Fahrradweg schickt, für den ich die Straße kreuzen muss. Kurze Zeit später begrüßt mich ein Schild mit der Aufschrift: «Willkommen in der Wallonie». Frankreich liegt jetzt hinter mir.
Der Weg erinnert mit seinen langen Geraden an einige Abschnitte im Kottenforst, was ich auch so auf den sozialen Medien poste, die mich jeden Tag dazu verleiten, ein oder zwei Anekdoten zum Besten zu geben.
Ähnlich wild wie sich die Flüsse durch die Ardennen winden, windet sich auch meine Trasse. Hinter Sainte-Cécile braucht der Weg einige Kilometer, um eine Brücke über die Semois zu finden. Mitten im Wald wechselt er dann auf eine Schotterstrecke, leidlich befahrbar. Nach vier Kilometern verlässt er den Wald wieder und ich finde mich auf einer Fahrstraße wieder, die Straimont-Gare heißt, obgleich es hier weit und breit keinen Bahnhof gibt, wohl aber eine zweigleisige Bahnstrecke.
Ich hatte versprochen, die nassen Schuhe in der Sonne durch Bewegung zu trocknen. Aber an diesem Tag bleibt die Sonne hinter den Wolken. Ich fahre mittlerweile wieder auf Nebenstraßen über Land. Die Straßen sind so schmal, dass ich auf ein Feld ausweichen muss, um einen LKW vorbeizulassen, der eine Baumaschine transportiert. Für Trecker gilt das gleiche, aber auf diesem besonderen Streckenabschnitt passiert das nur zwei Mal.
Ich befinde mich jetzt auf Höhen um 400 m. Es geht immer wieder 50 rauf und 50 runter, manchmal auch 100. In Belgien gibt es nur Orts- oder Nationalstraßen. Bei Semel, es hat gerade angefangen zu regnen, treffe ich auf die N 40, Chaussée de la Braquenière, die auch in Frankreich einen (ehemaligen) N-Status gehabt hätte. Sie ist viel befahren und laut. Aber ich habe keine Wahl: Hunger und Regen zugleich treiben mich in eine Bushaltestelle aus Beton, die mich zuverlässig gegen Regen schützt und gegen neugierige Blicke. Ich mache eine gute Stunde Mittagspause. Ich verzehre das Pain au Chocolat und ein Teil des Baquettes aus der Bäckerei in Douzy.
Auf der Wiese gegenüber sind ein Kaltblüter und ein Esel. Dazwischen rauscht der Verkehr. Der Esel schaut, als könne er nicht verstehen, was ich da in dem Häuschen treibe. Ich beschließe weiterzuessen, weil es mir wenig sinnreich erscheint, es dem Esel zu erklären.
Es hat aufgehört zu regnen. Der Wetterbericht sagt schon seit Tagesanbruch, dass es um 16 Uhr besser werden und sich die Sonne blicken lassen soll. Ich setze den Weg fort über Tronquoy in Richtung Renaumont, wo ich nach zwei Kilometern auf den Pré-RAVeL 163 treffe. Die Schilder sagen mir, dass ich nach 19 km Bastogne erreichen würde. Der Weg ist geschottert aber in gutem Zustand, sodass ich am Ende recht zügig vorankomme. Es geht auch hier auf und ab, aber mit moderater Neigung.
Gegen 16:30 Uhr, die Sonne scheint seit wenigen Minuten, betrete ich in Bastogne einen Carrefour Supermarkt und kaufe Lebensmittel. Außerdem suche ich nach einem Handtuch, was man aber nicht führt. Meine Frau hat in Maisse das Handtuch der Hinreise zur Wäsche eingesammelt, ohne ein neues rauszulegen. So bleibt mir für die Rückfahrt nur das Reservehandtuch, das wenige Quadratzentimeter groß ist.
In Bastogne hätte ich auf den Campingplatz gehen können, aber ich will näher an die Vennbahntrasse herankommen, die in Troisvierges beginnt. Ein Blick auf das Höhenprofil nach Entfernung zeigt, dass es nur noch 30 km sind. Um 17:20 Uhr finde ich wieder auf die Bahntrasse, die unweit des Supermarkts beginnt. Ich gebe Gas und quäle mich die nächste lange Steigung hinauf. Danach geht es eine Weile bergab.
Es gibt hier so viele alte Eisenbahnstrecken, dass ich mich tatsächlich einmal in Richtung Houffalize verfahre und insgesamt einen Kilometer verbrate. Danach passe ich noch besser auf und folge dem weiteren Weg ohne Zwischenfälle. Ich verlasse den RAVeL Ligne 163, der mich bis Gouvy geführt hätte, an der Abfahrt nach Hachiville (Helzingen), das bereits in Luxemburg liegt. Von dort geht es noch einmal auf die Höhe 500 hinauf, vielleicht wenig mehr, bevor eine lange Abfahrt über Biwisch nach Troisvierges führt. Gegen 19:15 Uhr erreiche ich den Campingplatz, dessen Anfahrt ich erfragen muss, weil mein Smartphone nicht mit dem permanenten Wechsel der Netze klarkommt und lieber gar keinen Internetzugriff ausweist. Ein Neustart löst solche Probleme, aber dazu komme ich erst, als ich auf den Platzwart warte.
Der Campingplatz ist freundlich, sauber, auch am späten Abend erreichbar und gut geführt. Zum Abendessen öffne ich die Flasche Rotwein, die ich im Carrefour gekauft hatte, leere sie aber entgegen meinen Gewohnheiten nicht. Ein junger Holländer, der noch lange und laut mit anderen Leuten auf der Zeltwiese gequatscht hat, bemerkt, dass ich der letzte bin, der noch auf den Beinen ist. Er fragt mich auf Englisch, ob er mir eine Frage stellen dürfe. «No, not at all.» antworte ich. Er dreht bei. Auf Schnösel habe ich nach diesem langen Tag keinen Bock mehr.