Paris 2024
Radtour Bonn-Paris-Maisse-Bonn
Tag 4: Chimay Camping - Guise Camping
Am frühen Morgen stelle ich fest, dass sich das Smartphone immer noch nicht aufladen lässt. Daher setze ich am Zelt die Karte in mein altes Samsung S5 ein, das ich als Reserve mitführe. Den notwendigen Adapter habe ich stets im Portemonnaie. Ich installiere Komoot und kann so wieder navigieren. Erst am übernächsten Tag lädt das normale Gerät wieder auf. Ich nutze dazu den Stromanschluss in den Sanitäranlagen. Für die blauen Campingstecker habe ich keinen Adapter. Holländer zeigen mir eine Lösung, die zwar leicht ist, aber sehr nach selbstgebaut aussieht.
Zunächst setze ich die Fahrt fort auf der RAVeL Ligne 156, auf der ich Chimay auch erreicht hatte. RAVeL ist die französische Abkürzung für «réseau autonome des voies lentes», was übersetzt bedeutet: Autonomes Netz langsamer Wege. Diese sind dem nichtmotorisierten Verkehr vorbehalten, wozu auch Stromräder zählen. Das «e» in RAVeL wird kleingeschrieben, weil es für die Abkürzung ohne Bedeutung ist und nur der Aussprache dient.
Unterwegs treffe ich auf zwei nette Deutsche, Annett und Frank, etwa 10 Jahre jünger als ich, die mich mit ihrem gleichmäßig hohen Tempo mitziehen. Sie sind diejenigen, die mich mit der Nase auf die Wegbezeichnung «EuroVélo 3» stoßen. Sie navigieren nicht mit dem Smartphone sondern mit einem Heft aus regenfestem Material, das die Route minutiös beschreibt.
Der Fernradwanderweg EuroVélo 3 ist eine 5.650 km lange Pilgerroute, die im norwegischen Trondheim beginnt und über Oslo, Göteburg, Hamburg, Köln, Bonn, Aachen, Liège (Lüttich) nach Paris und weiter über Santiago de Compostela bis zum Kap Finisterre führt. In der Nähe von Bonn verläuft sie über Niederbachem und Euskirchen nach Heimbach, Niedeggen, Mausbach und Kornelimünster nach Aachen. Der Radweg wurde aus Mitteln der EU finanziert.
Dass mich die beiden überhaupt einholen und ich an diesem Tag nicht weiter fahre, liegt sicher auch an dem Platten, den ich zum dritten Mal flicken muss. Diesmal markiere ich mit einem Kugelschreiber die Lage des Mantels zum Ventil und die Orientierung des Schlauchs im Rad. Damit kann ich die problematische Stelle bis auf wenige Zentimeter einkreisen und finde so am Ende auch die winzig kleine Glasscherbe, die mich gequält hat. Die GPS-Aufzeichnung zeigt, dass ich inklusive einer kurzen Pause mehr als eine Stunde für die Reparatur gebraucht habe. Zudem klebe ich den Rest eines alten Schlauchs in den Mantel, was tatsächlich etwas zu bringen scheint.
Dass ich an diesem Abend nicht weiter fahre als Guise, ist nicht zu entschuldigen, denn damit verspiele ich die Chance, den Paris am nächsten gelegenen Campingplatz zu erreichen. Immerhin kann ich die frühe Ankunft dazu nutzen, einkaufen zu gehen. Da ich kein Restaurant finde, kaufe ich eine Flasche Côte du Rhône und mache es mir vor dem Zelt gemütlich.