Das Zermatt-Skiline-Problem I (Schwarzsee-Furgg)
Adalbert Querkopf über Skiline, die Bergbahnen Zermatt und das Paradoxon an Schwarzsee
Die längste Überschrift aller Seiten dieser Homepage deutet bereits darauf hin, dass hier ein besonders Versagen behandelt wird, die korrekte Registrierung der Bergfahrten am Matterhornexpress in Zermatt durch Skiline.
Während ich an dieser Geschichte schreibe, lese ich zufällig im SPIEGEL, dass sich Gwen Stefanie, die auf dem Album Tragic Kingdom einfach umwerfend «performte», wie man heute so schön auf Denglish sagt, als Legasthenikerin geoutet hat. Das bringt mich kurzzeitig auf die Idee, das Verhalten von Skiline im Titel dieser Geschichte als «Datenbanklegasthenie» zu bezeichnen. Andererseits bin ich als Ingenieur kein Freund markiger Sprüche. Daher wähle ich letztlich einen weniger polemischen Titel.
«Bleib' beim Thema!» höre ich meine Frau sagen, «Und schweife nicht wieder so weit aus!». Aber wer de facto-Institutionen wie Skiline Fehler vorwirft, muss sehr genau beschreiben, worum es geht. Denn man sollte nicht in die Position geraten, dass Unstimmigkeiten in der Argumentation dazu führen, dass der eigentlich Schuldige wegen Verfahrensfehlern am Ende freigesprochen wird. Formulieren wir also ...
... die Anklage: «Der Support von Skiline geht berechtigter Kritik aufgrund nachweisbarer Fehler nicht sorgfältig genug nach. Eine von hilflosen Fehlerberichtigungen begleitete, annahmebehaftete Programmierung liefert grob falsche Ergebnisse.»
Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar. Fährt man im Skigebiet Zermatt auf dem Matterhorn-Express von Furri zum Trockenen Steg, gibt es an Schwarzsee einen vielbenutzten Ausstieg, nennen wir ihn «AS», von wo man z. B. die Piste Weiße Perle erreicht. Dieser Ausstieg ist mit einer Sperre versehen, die den Durchgang des Skipasses registriert.
Weniger bekannt und daher praktisch ungenutzt ist die Piste Skiweg, in der Karte (Datennachweis: OSM I) rot eingezeichnet, die hinunter nach Furgg führt, wo man wieder in den Matterhorn-Express in Richtung Trockener Steg einsteigen kann, nennen wir den Einstieg «EF». Hier fährt die Gondel also etwa 140 Höhenmeter ins Tal.
Mein Sohn und ich gehören zu den Wenigen, die auf Schwarzsee (AS) aussteigen, die Piste Skiweg nehmen und dann in Furgg (EF) wieder zusteigen, was zur Belustigung der Skifahrer sorgt, deren Gondel wir oben verlassen haben. Bei guten Pistenbedingungen schafft man dieselbe Gondel auch dann, wenn die Bahn morgens mit knapp 20 km/h unterwegs ist, der Höchstgeschwindigkeit. Man muss sich sputen, aber es geht. Der Ziehweg ist morgens immer völlig frei, von Murmeltieren im Frühjahr einmal abgesehen.
Wirklich erstaunt hatte mich ein Blick auf die Ergebnisse von Skiline, die mir anzeigten, dass ich auf Schwarzsee sitzengeblieben sei. Für meine Frau, die das tatsächlich tut, war die Angabe dieselbe wie bei mir und meinem Sohn. Ein befremdliches Ergebnis. Und erstaunlich, weil sowohl der Ausstieg AS als auch der Einstieg EF über Kartenleser verfügen und nur bei gültigem Skipass den Weg freigeben. Was war passiert?
Mein Kontakt mit Skiline verlief zunächst im Sande. Allerdings antwortete man nichtssagend, sodass ich eine E-Mail Adresse hatte, um die Fehlersuche weiterzubetreiben. Nach einem Einspruch bekam ich dann eine weitere Überraschung präsentiert, sinngemäß: «Wir haben die Software dahingehend geändert, dass der Ausstieg an Schwarzsee berücksichtigt wird. Wir hoffen, Ihnen damit geholfen zu haben.»
Diese Lösung war nun wirklich nicht dazu angetan, mir zu helfen, denn nun, und das ist wohl bis heute nicht berichtigt, steigen alle Fahrgäste an AS aus und in EF wieder ein. Nicht auszudenken, welche Folgen das für die Belegung der Spittäler im Tal hätte, denn der Ziehweg ist nicht dazu angetan, diese Menschenmassen aufzunehmen. Das hätte auch die Bergbahnen Zermatt auf den Plan rufen müssen.
Als Softwareentwickler im Vermessungswesen versuche ich natürlich zuerst zu ergründen, was da schiefgelaufen sein kann. Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Glasklar aber ist, und das geht auch aus dem E-Mail Verkehr hervor, dass Skiline die Daten an AS nicht nutzt. Außerdem hätte den Programmierern auffallen müssen, dass zwischen dem Einstieg in Zermatt (oder Furri oder Aroleid) und dem Ausstieg am Trockenen Steg ein weiterer Einstieg an EF erfolgt. Dieser kann nur durch einen Ausstieg an AS erfolgt sein. Denn Skiline nutzt sehr wohl den Ausstieg an der Endstation, Trockener Steg, die ebenfalls eine Sperre mit Kartenleser aufweist. Ist man oben nicht angekommen, nimmt Skiline an, dass man an AS ausgestiegen sei. In einem Asterix-Comic würden hier jetzt exklusiv einige Ausrufzeichen und Fragezeichen in derselben Sprechblase auftauchen.
Dass ich, was nicht meine Absicht war, Skiline überhaupt zu einer Änderung der Software, böse gesagt: der Annahme, bewegen konnte, lag auch daran, dass ich von Anfang an die Bergbahnen Zermatt auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte, in der Hoffnung, dass diese als Kunden auf Skiline einwirken würden. Denn einen derart eklatanten Fehler zu berichtigen, so nahm ich an, wäre auch im Sinne der Bergbahnen. Tatsächlich gibt es hier m. E. auch eine Mitwirkungspflicht der Bergbahnen, da zwei der nachfolgenden Gründe diese direkt betreffen.
Mögliche Fehlerursachen:
- Die Daten an AS werden von den Bergbahnen nicht gespeichert.
- Die an AS erhobenen Daten werden nicht an Skiline weitergegeben.
- Skiline übernimmt die übermittelten Daten nicht in die Datenbank.
- Skiline verwendet ein Datenbankmodel, das so primitiv ist, dass sich Mittelstationen generell nicht korrekt, besser: annahmefrei, abbilden lassen.
- Skiline wertet die Daten nicht aus, obgleich das möglich wäre.
Um den Dingen auf den Grund zu gehen, konferierte ich ab dann nur noch mit den Bergbahnen, weil Skiline ja kraft konkludenten Handelns bewiesen hatte, dass sie an einer annahmefreien Lösung, die das höchste Gut in der Softwareentwicklung darstellt, kein Interesse hatten. Die Bergbahnen Zermatt gingen dann so weit, dass ich jeweils für meine Frau und mich einen Tag auswählen konnte, für den ich die Originaldaten der Registrierungsdatenbank (Skidata) als Auszug bekam. Diese waren vollumfänglich brauchbar und hypothesenfrei lesbar.2
Die Unterlagen zeigten auch, dass die Daten an AS sehr wohl in der Datenbank der Bergbahnen landeten. Was mir aber die Bergbahnen am Ende schuldig geblieben sind, ist die Bestätigung, dass die Daten auch an Skiline übermittelt werden. Dazu konnte ich die Bergbahnen Zermatt letztlich nicht bewegen. Denn die zweite der oben aufgeführten Fehlerursachen kann auch in einem Mangel in der Schnittstelle zwischen der Registrierungsdatenbank und der von Skiline liegen. So bleibt es also bei dem Paradoxon an Schwarzsee, das besagt, dass heute alle Gäste über die Piste Skiweg fahren.
Die Geschichte lehrt aber auch, dass man nicht zwei Fehler gleichzeitig monieren sollte, denn ich habe die vage Vermutung, dass ich die Bergbahnen Zermatt mit meinem zweiten Fehler ins Mark getroffen habe, weil dieser die Ehrlichkeit der Angabe der Pistenkilometer berührt, ein leidiges Thema im gesamten Alpenraum1 und insbesondere in der Schweiz. Diese Geschichte liest sich wie folgt.
2 Es zeigt sich halt immer wieder, dass sich Fehler in Datenbanksysteme einschleichen. So hatte ich den einzigen Tag ausgesucht, an dem ich auf dem Sessellift Furgg-Sandiger Boden gefahren war. Der Lift war vor einigen Jahren an der damaligen Mittelstation Sandiger Boden getrennt worden. Die zweite Sektion war mit der Inbetriebnahme des Matterhorn-Express praktisch überflüssig und danach abgebaut worden. In der Registrierungsdatenbank war aber immer noch die Höhenmeterzahl der früheren Endstation aufgeführt. Skiline zeigte dort die korrekte Höhenmeterzahl an, aber interne Auswertungen der Bergbahnen dürften geringfügig falsche Höhenmeterzahlen ausgewiesen haben. Die Bergbahnen haben sich für den Hinweis ausdrücklich bedankt und den Fehler behoben.