Pistenkilometer und Rekorde
Überlange Skitage mit sehr vielen Kilometern
Ausgehend von eigenen Erfahrungen, die uns von 109 über 120 und 140 zu 166 Pistenkilometern an einem Tag geführt hatten, begann meine Suche nach Orten und Begebenheiten mit ähnlich aufregenden Ergebnissen. Hier unsere Beobachtungen, ein Zeitzeugenbericht, manche nennen das einen «Blog».
Die Jagd auf Rekorde ist freigegeben. Und wo immer Rekorde gefahren werden, ist die Versuchung groß, zu betrügen. Daher sollte man sich alle Zahlen genau ansehen, bevor man vor Ehrfurcht erstarrt. Als Vermessungsingenieur fragt man sich natürlich, wenn man die Ergebnisse sieht, wie diese wohl zustande gekommen sein mögen. Dazu muss ich etwas ausholen.
Der Betrug ist so alt, wie der Wettbewerb selbst. Die übelste Art, in diesem Genre zu betrügen, ist, gar nicht erst zu fahren. Man steckt die Karte, dreht das Drehkreuz und geht dann nicht hindurch. Das garantiert einem, dass man keine Bahn verpasst: «Klingt interessant, ist es aber nicht!» Schließlich hat man sich nicht bewegt. Übel auch, wenn sich die Sperre an der Bergstation befindet, wo so ein Vorgehen eher auffällt. Subtiler ist dann schon der Betrug, wenn man mit Gondeln fährt, die gar nicht zum Fahrplan gehören. Wenn man Beziehungen zum Personal hat und mitgenommen wird, bevor das Skigebiet öffnet, und noch fahren darf, wenn es schon geschlossen ist. Nehmen wir einmal an, dass die Meisten das nicht nötig haben, aber im Internet kursieren die seltsamsten Vorschläge.
Ich wollte mir einen Überblick darüber verschaffen, wo man besonders viele Pistenkilometer an einem Tag fahren kann. Dazu hätte es einer Liste bedurft, in der alle Top-100-Fahrer gelistet wären. Ich habe bei Skiline nachgefragt, aber eine Gesamtwertung gibt es nicht. Das hat einen guten Grund: Einige der besten und spannensten Skigebiete haben keine Chance, in der Höhenmeterwertung unter die ersten 1000 zu kommen. Dort fehlt die dazu notwendige Luftseilbahn. So habe ich angeregt, eine Liste derjenigen Gebiete zu veröffentlichen, in denen Top 100 Wettbewerb geführt werden. Vielleicht bekomme ich ja noch eine solche im Laufe der Zeit. Andererseits verbot zumindest in Italien zeitweise der Datenschutz die Veröffentlichung der Listen. Das macht die einzelnen Regionen dann schlecht vergleichbar.
Eine erste Stichprobe hat mein Vorhaben bestätigt: Ich hatte in Zermatt behauptet, dass es in ganz Österreich keine Gondel gäbe wie die am Gant, aber das hätte ich besser wissen können, weil ich sie selbst schon gefahren bin, die Luftseilbahn zum Ahorn in Mayrhofen. Die Bahn überwindet auf einer Seillänge von 3 km in 6 Minuten 1300 Höhenmeter, mit 32 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Fährt die Bahn regelmäßig, sind vier Fahrten in einer Stunde möglich. Das bedeutet 5200 Höhenmeter pro Stunde und mehr als 40.000 in 8 Stunden, wenn man die Abfahrt in weniger als 7 Minuten schafft. Das ist ambitioniert, wegen des großen Gefälles ohne Flachstrecken aber durchaus realistisch. Ich hatte die Bahn damals, 2015, mit Fieber gefahren, am Nachmittag, nach einem Vormittag im Bett. Da war nicht viel mehr drin als jede dritte Bahn zu bekommen, was bei einem vollen Skitag sehr knapp auf 20 Fahrten gekommen wäre. Das wären immer noch 26.000 Höhenmeter und 110 km gewesen.
Skiline führt in seiner Datenbank die Durchgänge durch die Sperren und kann da, wo auch der Ausgang an einer Mittelstation gesichert ist, genaue Angaben zu den Höhenmetern machen. Ganz im Gegenteil gibt es aber ein massives Problem mit den Pistenkilometern. Einerseits geben die Bergbahnen oft falsche Zahlen an. Dass die Anzahl der tatsächlich nutzbaren Pistenkilometer immer kleiner ist als die der angegebenen, wird nicht nur von mir beklagt. In Skigebieten, in denen zwei unterschiedlich lange Pisten zur Auswahl stehen, gibt es keine eindeutige Zahl. Leider bildet Skiline «das Mittel» aus diesen Varianten. Das ist die dümmste aller Lösungen. Besser wäre es, wenn man ein Minimum und ein Maximum ausweisen würde. Dann müsste man aber zwei Zahlen am selben Lift bereithalten, was vermutlich umfangreiche Änderungen an der Datenbank, der Software und dem Layout der Ausgaben nach sich ziehen würde.
Schauen wir uns ein besonders spektakuläres Beispiel für Höhenmeter an, so finden wir just an der Ahornbahn
folgende Daten: «jans1567, 25. März 2018, Mayrhofen 41.536 hm, 253 Pistenkilometer, 32 Liftfahrten, 529
Minuten Spaß»
Nie zuvor habe ich solche Zahlen gesehen. Dabei startet jans1567 vor 8 Uhr auf einer «allerersten» Bahn
(wie andere auch). Und die Anzahl der Kilometer? Die halte ich für völlig falsch! Ich hatte die möglichen
Abfahrten damals vermessen und folgende Daten ermittelt, die Gesamtzahl bezogen auf 32 Bergfahrten:
5,5 km Abfahrt - 176 km
6,4 km Abfahrt - 205 km
Mittel: Abfahrt - 190 km
Wegen des geringen Gefälles auf den beteiligten Ziehwegen ist die längste Variante in 7 Minuten kaum fahrbar.
Es ist also sehr wahrscheinlich, dass jans1567 ziemlich genau 176 km gefahren ist, immer noch ein extrem
guter Wert, aber sehr, sehr weit entfernt von 253 Pistenkilometern, genau genommen wenig mehr als 70% der angegebenen
Strecke und nur 10 km mehr als die von uns in Zermatt aufgezeichneten
Pistenkilometer. Man bedenke aber auch, dass ein Fehler in unserer Aufzeichnung von 100 m bereits 3,2 km
Strecke bedeutet.