Frankreich
Von Port Grimaud zum Lac de Serre Ponçon
Eine unserer Rückfahrten führt uns von Port Grimaud nach Gap. Es gibt nicht viele Streckenabschnitte, wo man auf 250 km derart komprimiert die Highlights eines Landes geboten bekommt. Unterwegs machen wir Fotos und schaffen es daher an einem Tag nur bis zum Lac de Serre Ponçon. Es ist eine der aufregendsten Strecken Frankreichs. Immer über Land, teilweise mühsam zu fahren und immer auf sehr kleinen Straßen voller landschaftlicher Überraschungen.
Wir passieren die Burgruine von Grimaud auf der D 558, erklimmen bei la Garde-Freinet auf kurvenreicher Straße eine erste Passhöhe (360 m) und halten uns dann nach Westen in Richtung le Cannet-des-Maures, wo wir die A 8 überqueren. Wir folgen den Schildern nach Cotignac und tauchen sehr bald in die Wälder von le Thoronet ein, wo die Straßen keinen Mittelstreifen haben und Lastwagen überhängende Äste abreißen.
«Hameau des Vignerons des Carcès», zu dt. Weiler der Winzer von Carcès, ist ein kleiner Ort unweit des Lac de Carcès, malerisch gelegen und eingerahmt vom sanften Hügeln. Das Bild auf der Hauswand fasziniert uns. Wir sind praktisch allein auf der Straße, können anhalten und ein Foto machen. Das idyllische Frankreich! Dafür muss man die großen Routen verlassen. Unzählige Kurven und Schaltvorgänge, ausweichen bei Gegenverkehr und, für den dummen deutschen Autofahrer ein Graus, andere überholen lassen, wenn es geht.
Es geht immer, auch wenn ich mir manchmal einen Spaß daraus mache, das Fahrzeug nach dem Überholvorgang über die engen Straßen zu verfolgen. Das
geht dann so lange gut, bis meine Frau protestiert, dann lasse ich abreißen. Wer auffährt, bummelt nicht vor einem herum.
Wir erreichen ohne besondere Zwischenfälle Cotignac, dessen an und in den Fels gebauten Häuser mir bisher unbekannt waren. Dazu passen die
Ruinen zweier Wehrtürme. In Serpentinen steigt die Straße auf die Höhen und wendet sich nach Nordosten in Richtung Aups.
Von Aups zum Lac de Sainte Croix ist es nicht mehr weit. Aus anderen Geschichten weiß man, dass sein wichtigster Zufluss der Verdon ist, dessen Schluchten über alle Grenzen hinaus bekannt sind. Diesmal überqueren wir den See unweit der Staumauer, fahren bis zum Ort Sainte-Croix und weiter nach Riez und Digne-le-Bains, wo wir auf die D 900 einschwenken. Die enge Straße folgt zunächst unauffällig dem Fluss, ...
... bis sie den Bergen immer näher kommt und schließlich zwischen steilen Felsen verschwindet. Wir haben den Eingang zu den Clues de Barles erreicht, die mir seit der ersten Durchquerung 1992 nicht mehr aus dem Kopf gegangen sind. Ob «Clue» oder «Clues», Ausdrücke, die man auf leo.org vergeblich sucht, von «Cluse», Schlucht, abgeleitet ist, kann ich nicht sagen. Ein Eigenname halt.
Obgleich der beeindruckend enge Abschnitt nicht lang ist, ist die Fahrt von Süden nach Norden ein heißer Tipp. Wie immer wenn man die Sonne im Rücken hat, eröffnen sich spannende Bilder und bleibende Eindrücke. Das Wasser hat einige Felswände zu Rippen erodiert und bei Hochwasser bestimmt ein reißender Bergbach die Szene.
Vor 25 Jahren war vor allem die Anfahrt auf die Schluchten noch urwüchsiger und die Straße wesentlich schlechter. Heute bewegen wir uns auf neuem Asphalt und es wirkt auf mich, als hätte man die überhängenden Felsen «nachgearbeitet». Trotzdem sollte man sich informieren, bevor man mit einem modernen und hohen Campingbus diesen Weg nimmt. Für den VW-Bus gibt es keine Stelle, an der ich mir Sorgen wegen der Höhe machen müsste.
In dieser Region jagt ein landschaftliches «Ahh!!» das nächste, anders kann man es nicht ausdrücken. Umrundet man den Lac de Serre Ponçon auf seinen südöstlichen Ufer, kommt man zwischen Sauze-du-Lac und Pontis an den Demoiselles Coiffées vorbei, einer Verwitterungsformation. Schwere aber auch harte Steine bilden dabei einen Schutz für darunterliegendes, weiches Gestein, das an den freien Stellen verwittert und vom Regen weggespült wird. So bleiben am Ende Säulen übrig, die mit ihrem Schutzstein «frisiert» aussehen.
Anderswo auf der Welt gibt es eindrucksvollere Beispiele für Verwitterungssäulen, sicher, aber hier hätte ich nicht damit gerechnet. Die Felsen, die teilweise wie Elefantenfüße in den See ragen, sind heute bereits deutlich stärker bewaldet, als ich das von der Radtour 1987 in Erinnerung hatte. Seit 1961 dient der See der Gewinnung von Strom. Er ist 20 km lang und wird im Sommer für Freizeit und Wassersport genutzt. Wir verbringen eine Nacht auf dem Camping Le Nautic direkt am See, bevor wir uns über die Route Nopoléon auf den Heimweg machen.