GPS Navigation
Barometrische Höhenmessung
Die barometrische Höhenmessung ist derzeit ein in GPS-Foren heiß diskutiertes Thema. Sie sei viel genauer als die Bestimmung der Höhen mittels GPS, lese ich da.
Ich teile diese Ansicht nicht und werde dazu auch ausführlich Stellung nehmen. Zunächst aber der Ausschnitt einer Tracksequenz, die im Skigebiet Galibier Thabor auf 2300 m Höhe aufgezeichnet wurde. Insgesamt wurde die Spur eines Schlepplifts an 4 Tagen
10 mal vermessen. Da ein Schlepplift nur rechtwinklig zur Höhenlinie ziehen kann, ist die Senkrechte auf die mittlere Spur eine potenzielle Höhenlinie. Man
beachte den Maßstab! Differenzen in der Lage betragen 3 Meter! Als Empfänger kam ein Holux GPSport 245 zum Einsatz.
Auf der Seite über die Grundlagen werden wir sehen, dass man für die Bestimmung der Position vier Satelliten braucht, oder sagen wir besser vier linear unabhängige Beobachtungen, da wir es mit vier Unbekannten zu tun haben. In Straßenschluchten und sehr engen Gebirgstälern kann es zu der Situation kommen, dass nur drei Satelliten sichtbar sind. In diesem Fall halten ältere GSP-Empfänger die Höhe fest, was bei geneigtem Gelände zu Fehlern in Lage und Höhe führt. Die barometrische Höhenmessung soll das ausgleichen - aber was nimmt man für diese wenigen Vorteile in Kauf? Und funktioniert in der Praxis, was in der Theorie so gut klingt? In mindestens einem Fall habe ich bei einem Garmin etrex Vista HCx, der mit barometrischem Höhenmesser, ansonsten aber mit dem gleichen Empfänger ausgestattet ist wie der Holux, eine eklatante Fehlmessung (mehr als 300 m Lagefehler, lila Schleife im Bild rechts) dokumentiert. Ganz offensichtlich liegt auch da einiges im Argen.
Die barometrische Höhenmessung basiert auf dem physikalischen Phänomen, dass der Luftdruck mit der Höhe abnimmt. Bei mittlerem Luftdruck hält dieser auf Meereshöhe einer Wassersäule von 10,13 m das Gleichgewicht, früher als 1013 mbar1 bekannt. Da es mühsam ist, ein Gerät von dieser Größe mit sich zu schleppen, wurde der Luftdruck zunächst mittels Quecksilber (chem. Hg) gemessen, das ein um den Faktor 13,5 höheres spezifisches Gewicht als Wasser aufweist, sodass ein Hg-Barometer nur für eine Quecksilbersäule von 760 mm ausgelegt sein muss. Später kamen dann Dosenbarometer hinzu. Über Jahrhunderte wurden damit unwegsame Landstriche vermessen, sofern man an den Rändern des Gebiets in der Lage war, den Referenzluftdruck stationär zu ermitteln. Der natürliche Feind der barometrischen Höhenmessung ist und bleibt der mit der Zeit schwankende Luftdruck.
Die Abnahme des Luftdrucks mit der Höhe ist nicht linear, sodass sich eine asymptotische Annäherung an 0 ergibt. In Meereshöhe nimmt der Luftdruck um ein hPa/8m ab. Zudem gibt es eine Abhängigkeit von der Temperatur, deren Einfluss einige hPa betragen kann. Was bedeutet das?
Wenn man sich mit einem Fahrzeug von Glasgow nach Edinbourgh bewegt, kann man an einem normalen schottischen Tiefdrucktag einen aus jeder Isobarenkarte ablesbaren Druckunterschied von etwa 5 hPa erleben, was einer Höhenänderung von 40 m entspricht. Die gleiche Differenz ergibt sich zwischen Köln und Bremen oder Brüssel und Amsterdam an einem durchschnittlichen Tag.
Aber auch wenn man nicht reist, holt einen ein Tiefdruckgebiet ggf. ein. In den Bergen, Skigebiet 3 Vallées, konnte ich eine maximale Verschiebung von 70 Höhenmetern über den Tag ermitteln. Eine Ausnahme zwar, aber auch keine Seltenheit. Gegen die der obigen Abbildung zugrunde liegenden GPS-Messungen mit einer mittleren Genauigkeit von etwa 3 Metern erscheint das grotesk. Grund hierfür dürfte sein, dass sich die Höhenmesser nicht zuverlässig und nicht oft genug am Tag mittels GPS kalibrieren. Der Vista HCx tut das wohl nur beim Einschalten, was für die Aufzeichnung eines Tagestracks ja nur genau einmal passiert.
Links: Grober Messfehler auf der Pointe de la Masse, 270° Horizontfreiheit. Der Höhenwert springt wegen fehlender Kalibrierung am Morgen von 2400 auf 2800 m. Rechts der Ausschnitt in einer extremen Vergrößerung. Mittlerweile kann GNavigia die Höhen eines gesamten Tracks aus SRTM-Daten neu interpolieren. Die abschließende Auswertung der 3 Vallées ist nicht zuletzt wegen der übergroßen Höhenfehler zurückgestellt worden.
Die maximal erreichbare Genauigkeit der barometrischen Höhenmessung liegt bei ruhigem Wetter im Dezimeterbereich wenn man Temperatur und Luftfeuchtigkeit berücksichtigt und stationäre Korrekturwerte ermittelt. Aber schon der Einsatz verschiedener Geräte2 des Outdoor-Segments bringt unterschiedliche Ergebnisse, die eine Höhengenauigkeit besser als 10 Meter nicht erwarten lassen. Diese Genauigkeit liefern GPS-Messungen bei normalem Gebrauch aber immer, sofern der Empfänger empfindlich genug ist. Seit ich den veralteten Garmin Geko 201 durch den Holux GPSport 245 ersetzt habe, ist die Anzahl der Messfehler in der Höhe drastisch gesunken. Seither gibt es auch eine komplette Auswertung des Gebiets.
Immerhin kann sich das Barometer rühmen, den Wetterfrosch verdrängt zu haben.
1 Um die früher gebräuchlichen Zahlenwerte in der heute allein zulässigen Einheit Pascal unverändert weiter verwenden zu können, wird der Druck in Hektopascal (hPa) angegeben.
2 Die Wikipedia zeigt auf der Seite zur barometrischen Höhenformel/Reduktion auf Meereshöhe einen Vergleich verschiedener Barometer, u. a. einen Garmin etrex Vista HCx, der dem Referenzmodell Thommen, das in abgewandelter Form über Jahrzehnte hinweg Standard in der Luftfahrt war, im Ergebnis sogar am nächsten kommt. Auf Meereshöhe entspricht die Differenz etwa 10 m in der Höhe.