Helsinki
Mit langen Tagestouren in Richtung Süden
Nachdem ich den Regentag vor Sodankylä psychisch verdaut habe, steht der Fahrt
nach Süden nichts mehr im Wege. Das Fahrtenbuch ist auf dem neuesten Stand und
das Rad erneut ein wenig besser in Schuss. 1370 km lang ist die gesamte
Fahrstrecke durch Finnland. Sicherlich kommt mir der gute Straßenzustand,
der relativ ebene Verlauf und das geringe Verkehrsaufkommen entgegen.
Finnland ist das preiswerteste der skandinavischen Länder. Milch ist
überall gleich teuer, als wäre der Preis festgesetzt: Am Kiosk, im Supermarkt
und auf dem Land. Wenn mir ein Campingplatz zu teuer ist, fahre ich einfach zum
nächsten weiter, was mich an meinem längsten Fahrtag dann 180 km weit bringt.
Zudem wird es um diese Zeit, Mitte August, bereits empfindlich kalt, sodass ich
morgens Eisplättchen vom Zelt abklopfe.
Ich fahre über Pyhäjärvi, Äänekoski, Jyväskylä und Lahti nach Helsinki.
Unterwegs treffe ich Gestalten, die mit dem Auto von Süden kommen und sich die
skandinavischen Städte ansehen wollen. Ich ziehe sie damit auf, dass
sie dann in Helsinki hätten bleiben müssen. Denn Reiz besitzt hier nicht eine
einzige Stadt!
Das Flair des europäischen Südens kommt hier nicht auf. Wer ein anderes
Ziel hat als die Natur, der kann im hohen Norden bitter enttäuscht werden.
Am 46. Tag der Reise, nach 4.700 km, erreiche ich am frühen Nachmittag
Helsinki. Ich checke in der JH ein, die sich in den Wänden des
Olympiastadions befindet. Hier gibt es auch einen Aussichtsturm, der es mir
ermöglicht, einen Blick von oben auf die Stadt zu werfen. Ich habe darüber hinaus
noch einen Ruhetag vor mir, den ich zusammen mit einem Holländer verbringe,
der ebenfalls mit dem Rad unterwegs ist und die Finnjet nehmen will, und den ich in der
Jugendherberge Stadionin Maja getroffen habe.
Helsinki selbst hat zwar einen internationalen Ruf, aber den verdankt die
Stadt ihrer Lage zwischen den verfeindeten Lagern in Ost und West (oder
zumindest war das damals noch so!). Einheimische erzählen mir, dass über
eine nur mäßig gesicherte Grenze zur UdSSR reger Alkoholschmuggel
stattfände.
Ich bummel über den Markt, genieße
die Sonne, die ich lange vermisst habe, und sehe das relativ große
Elend vieler Finnen, die das in billigem Fusel zu betäuben versuchen.
Ganz besonders schlimm wird es, wenn einer der ewig Gestrigen auf deutsch
Adolf Hitler lobt und den Hitlergruß macht. Ich hoffe, dass diese
Generation heute ausgestorben ist.