Der Aufbruch
Über Bremen, Hamburg und Kiel nach Göteborg
Obgleich ich bereits beim Aufbruch weiß, dass es bei einem so späten
Start nicht mehr für das Schauspiel der Mitternachtssonne reichen
wird, mache ich mich voller Enthusiasmus auf den Weg. An diesem Morgen
habe ich ein neues Hinterrad gekauft und montiert. Noch einmal prüfe
ich den Reifendruck, dann geht's los. Es ist 14 Uhr.
Ich fahre an diesem Nachmittag zu meinen Eltern nach Wuppertal. Am
nächsten Morgen geht es mit starken Steigungen über Witten nach
Münster. Da ich Deutschland als bekannt voraussetze, will ich hier
nicht weiter auf die Einzeletappen eingehen. Ich übernachte in Jugendherbergen
(JH). Über Diepholz, Bremervörde und HH-Rissen, wo ich noch einen
Besuch mache, geht es nach Kiel.
Die ersten 6 Tage und 600 km sind gefahren und ich schiffe mich
zu einer Nachtfahrt ein. Die Viktoria der Stena Linie legt
gegen 20 Uhr ab. Ich schlafe wenig, unterhalte mich mit anderen
Reisenden mit ähnlichen Zielen und gönne mir nicht einmal ein
Bordfrühstück. Die Nacht bringt den ersten Regen dieser Fahrt
- am Morgen sieht die Hafeneinfahrt von Göteborg entsprechend düster
aus.
Ich habe mangels sinnvoller Beschilderung meine liebe Not damit, die Stadt auf dem richtigen Wege zu verlassen. Auf dem Weg nach Trollhättan verfahre ich mich dann doch, was etwa eine halbe Stunde kostet. Am Abend habe ich gerade 130 km gefahren. Ich verzichte auf einen Zeltplatz, auf dem der Mantafahrer aus Recklinghausen den Ton angibt - und zelte im Wald.
Die Natur ist üppig, die Pilze sind zahlreich und man könnte sich wohl von
Beeren ernähren, hätte man die Zeit sie zu sammeln. Mit den Pilzen ist die
Ausbeute schon effizienter! Daher kann ich mir ein Steinpilzschnitzel
zubereiten. Der Schwede an sich ist eher ein ruhiger und zurückhaltender
Mensch - und so ist das Land. Ich spüre die Weite des Landes und fahre auf
ebenso schönen wie unspektakulären Straßen durch endlose Wälder.
Die Geschwindigkeit ist auf etwa 90 km/h begrenzt,
woran sich hier auch jedermann zu halten scheint. Immer wieder wird die etwas eintönige
Fahrt durch einen ICA-Lanthandel unterbrochen, der die Möglichkeit der Verpflegung bietet.
Die Schweden haben überdies die Angewohnheit, Kaffee nicht nach den getrunken Tassen
sondern nach dem gegessenen Kuchen zu kassieren. Und das nutze ich an Regentagen
dann auch aus.