Bonn - Paris - Bonn 1982
Mit dem Fahrrad in drei Tagen nach Paris
Hinfahrt: | 04.04.-06.04.82 |
Rückfahrt: | 09.04.-12.04.82 |
Als Karte diente die Michelin 1:200.000, preiswert, genau und mit vielen Höhenangaben versehen. Straßennummerierungen wurden im Laufe der Zeit geändert, viele Nationalstraßen wurden den Departements übergeben, sobald Autobahnen deren Funktion übernahmen. 2016 wurden im Rahmen einer Gebietsreform auch Ortsnamen geändert.
km | Wegpunkt | Fahrtenbuch, zitiert und nacherzählt |
0 | Bonn |
Angefangen hat alles am Mittwoch vor der Tour. Mein Freund Georg ruft aus Istres, Südfrankreich, an, dass er bald in Paris sei. Ich packe alles zusammen und fahre am Freitag erst einmal nach Wuppertal zum 87. Geburtstag meiner Oma, nachdem ich zunächst noch mit Hilfe eines Freundes das Tretlager gewechselt habe. Das sind 82 km einfache Fahrt über Altenberg, jeweils in 3½ Stunden absolviert. Gutes Training. Bonn-Rochefort, 201 km: Sonntag, Sommerzeit, ich starte um 630. Die rechte Pedale macht Schwierigkeiten. Durch den Kottenforst fahre ich nach Euskirchen und weiter nach Kommern, dann die erste schwere Steigung nach Wallenthal. Nach Gemünden geht es lang bergab, nach Schleiden weitgehend eben. Dann folgt die «Abfahrt nach Belgien», ich verfahre mich, was ich erst nach einer «irren» Steigung bemerke. Ich biege ab ins Tal nach Wiesen, von wo aus ich mir die 350 Höhenmeter Aufstieg zur Grenze mit unnötigem Schweiß erkaufe. Der Tag ist sonnig und warm. Auf der Höhe mache ich bei Weißenthurm gegen Mittag Rast, 90 km sind gefahren. Selbst gebackenes Brot mit Käse helfen mir wieder auf die Beine. An der Grenze (Losheimergraben) wechsle ich in einer Kneipe 50 DM in belgische Franc. Keine Passkontrolle. Dann folgt ein stetiges Auf und Ab nach Bütgenbach und Bülingen. 100 Höhenmeter schocken mich nicht mehr, die Beine laufen. Kaum daran gewöhnt folgt die Abfahrt nach Malmedy: 5 km im Sturzflug. Danach die Steigung nach Stavelot gefolgt von einem langen Gefälle, kleinstes Ritzel hinten, ganz nach meinem Geschmack. Ab Kilometer 130 ist die Mittagsmüdigkeit endgültig passé. Kurz vor Sonnenuntergang überwinde ich eine weitere Steigung von 250 m, dem sich eine Fahrt über die Höhen und dann ein gewaltig langes Gefälle anschließt hinunter nach Hotton-sur-Ourthe. Nachdem ich bereits bei km 160 die Pedale durch lockern wieder zum Laufen gebracht hatte, sehe ich den letzten 22 km bis Rochefort gelassen entgegen. Ohne weitere Stopps aber mit einer obligatorischen, steilen Steigung, erreiche ich das Tagesziel. Am Ende des Tages habe ich 12½ Stunden und über 1600 Höhenmeter gefahren. Die Übernachtung ist frei, da ich nach dem Weggang des Campingwarts ankomme und vor ihm wieder unterwegs sein werde. Rochefort-Soisson, 207 km: Montag, hart, viele Steigungen, aber bis Fumay nichts Großartiges darunter. Dann 300 Hm Steigung von der Maas bis Rocroi. Wie wenig mir der Vortag zu schaffen gemacht hat, zeigt sich bei km 140: Ich lehne bei geringer Geschwindigkeit die Arme auf den Rennlenker und das Vorderrad stellt sich quer. Ich fliege über den Lenker und lande mit den Händen zuerst auf dem Asphalt. Ich trage Wundmale auf beiden Handflächen davon und eine Blutspur am Bein. Dass es nicht meine Art ist mir etwas zu brechen, bewährt sich hier und heute. Der Lenker ist an beiden Seiten eingeknickt. Mit Gaze und Leukoplast verbinde ich die Hände und mit dem Schmutz, mit Trankwasser etwas abgespült, kommt mein Immunsystem bestens selbst zurecht. Unerschütterlich fahre ich weiter bis Laon und dann nach Soisson, was auf der meist dreispurigen, vielbefahrenen Route Nationale 2 schon ohne Handicap eine echte Herausforderung darstellt. Leichter Gegenwind. Der Campingplatz von Soisson geschlossen, es ist bereits spät. Also wende ich mich kurzerhand an die örtliche Gendarmerie, die sich diesmal als Freund und Helfer bewährt: Sie nennt mir nicht nur eine Unterkunft, eine Art Wohnheim für Wirtschaftsschüler, sie geleitet mich auch wegen der Dunkelheit mit einem Streifenwagen dorthin, dabei auch rote Ampeln überfahrend, mit einem «Affenzahn». Im Wohnheim versorgt der Concièrge mit Jod und frischen Verbänden meine Wunden. Tagesziel erreicht! Soisson-Paris, 135 km: Dienstag, nominell ein leichter, weil kurzer, Tag. Aber bei Regen, harten Steigungen um 10% und leichter Erschöpfung empfinde ich ihn als den schlimmsten der Tour. Nach etwa 520 km passiere ich das Ortseingangsschild von Paris, ein Gefühl, das man nicht mehr beschreiben kann, so etwas muss man erfahren haben. Ich finde nach kurzem Suchen die Herberge in der Rue de la Glacière 17. Ein Bett ist frei. Ich frage an der Rezeption nach einer Nachricht von Georg, als mir seine Hand auf die Schulter schlägt. Er wollte gerade eine Nachricht hinterlegen ... Paris-Chauny: Um 13 Uhr mache ich mich auf den Heimweg, nachdem ich mit Georg den letzten Rest des mitgebrachten Brotes verzehrt habe. Mit dem Falk-Stadtplan und der guten Ausschilderung (ich folge Étranges und Porte de la Vilette) komme ich erfolgreich aus der Stadt heraus. Für die Rückfahrt plane ich einen Tag mehr ein, was immer noch Tagestouren um 140 km bedeutet. Bis Compiègne läuft alles bestens, dann bricht das Kugellager der rechten Pedale endgültig zusammen. Es ist 19 Uhr und kein Ersatz in Sicht. Doch in einem kleinen Nest finde ich eine «Garage», die auch Fahrräder verkauft. Der Mensch, der die Pedale zu wechseln versucht, zerstört sie fast durch zu starkes Erhitzen. Kein Erfolg. In der untergehenden Sonne fahre ich weiter bis Chauny in der Hoffnung, dort noch einen Campingplatz zu finden. Nachfragen in einer Kneipe bringt mich zur lokalen Jugendherberge. Freundliche Gestalten und 1½ l Bier bringen mich wieder auf die Beine. Trotz Pedalchaos und spätem Start bin ich 130 km weit gekommen. Chauny-Givet: Chauny ist ein größerer Ort. Dort lasse ich die Pedalen wechseln, was ein kleines Loch in mein klammes Budget reißt. Fast hätten sie sich nicht mehr gelöst. Trotz der Zwangspause erreiche ich nach 158 km an diesem Abend noch Givet, wo der Campinplatz 8 FF kostet. Givet-Aaachen: An diesem Morgen macht das Vorderrad Probleme. Ich fahre bis Dinant, wo ich das Radlager nachspannen kann, und weiter nach Lüttich über Land und über die Ausläufer des Hohen Venns, was weniger Höhenmeter bedeutet als auf dem Hinweg über die Höhen selbst. Trotzdem komme ich für mein Empfinden nicht so richtig voran. Beeindruckend ist die steile Abfahrt nach Seraing, wo man die Schlote der Industriestadt Lüttich im Tal vor sich liegen sieht. Nicht schön, aber bei besser werdendem Wetter Teil des Gesamteindrucks. Der Aufstieg nach Aachen ist nicht minder eindrucksvoll, weil lang und steil. Trotzdem bleiben auch auf diesem Abschnitt die Höhen weit unter 400 m. Der Nordwestwind bedeutet auf den meisten Teilstücken Gegenwind, dazu kommt der Regen zurück mit Graupelschauern. Nach 144 km steige ich in der JH Aachen ab, wo ich mich am Abend sehr kurzweilig mit einem Pflastermaler unterhalte. Aachen-Bonn: Am letzten Tag sind noch 96 km zu fahren. Nach 4½ Stunden bin ich zurück in der Sebastianstraße. Verglichen mit den anderen Tagen eher unspektakulär. Fazit: Das war die Tour unter den Touren! 1063 km, gefahren an nur 7 Tagen. Ein Durchschnitt von 152 km/Tag, nur 2 km weniger als meine bis dahin längste Tagestour. Zudem bin ich zum letzten Mal ohne Fahrradhandschuhe unterwegs gewesen. Ich habe mich so an den Lenker geklammert, dass meine Finger bereits in Paris gekrümmt waren. Das ist durch die Rückfahrt nicht besser geworden und wird mich noch wochenlang begleiten und beim Schreiben behindern. |
25 | Euskirchen | |
56 | Schleiden | |
88 | Losheimergraben | |
101 | Büttgenbach | |
116 | Malmedy | |
130 | Trois Ponts | |
148 | Manhay | |
168 | Hotton | |
177 | Marche-en-Famenne | |
191 | Rochefort, Camping | |
197 | Han-sur-Lesse | |
206 | Wellin | |
218 | Beauraing | |
238 | Vireux-Wallerand | |
250 | Fumay | |
260 | Revin | |
270 | Rocroi | |
283 | Mon Idée | |
311 | Rozoy-sur-Serre | |
320 | Montcornet | |
327 | Clermont-les-Fermes | |
342 | Gizy | |
359 | Chivy-Étouvelle | |
387 | Soissons, Wohnheim | |
390 | Courmelles | |
404 | Coroy | |
410 | Faverolles | |
418 | La Ferté-Milon | |
433 | May-en-Multien | |
451 | Meaux | |
459 | Trilbardou | |
476 | Lagny-sur-Marne | |
506 | Paris, Maison de Club UNESCO | |
542 | La Chapelle en Serval | |
552 | Senlis | |
569 | Verberie | |
583 | Compiègne | |
598 | Ollencourt | |
609 | Cuts | |
624 | Chauny, JH | |
648 | La Fère | |
660 | Crécy-sur-Serre | |
688 | Vervins | |
705 | Hirson | |
730 | Chimay | |
743 | Couvin | |
762 | Vireux-Wallerand | |
773 | Givet, Camping | |
795 | Dinant | |
811 | Ciney | |
852 | Neupré | |
878 | Fléron | |
886 | Herve | |
911 | Aachen, JH | |
930 | Eschweiler | |
947 | Düren | |
977 | Euskirchen | |
1002 | Bonn |