Das Wei­ße Hoch­land

Fast­nacht 1996

Nun hat sich mei­ne Frau si­cher­lich nicht träu­men las­sen, daß ich, kaum auf den zwei Bret­tern ste­hend, schon fast wie­der mit dem Ski­fah­ren auf­hö­ren wür­de. Aber die neue Lei­den­schaft, das Snow­board, hat es in sich. Ich lie­be die frei­en Schwün­ge, das Brett fest an bei­den Fü­ßen, und die ele­gan­te Art, sich auf dem Board fort­zu­be­we­gen. Zwar sind die Ge­schwin­dig­kei­ten nied­ri­ger, die Zieh­stre­cken wer­den zu Lauf­stre­cken und die Stür­ze sind deut­lich här­ter als beim Ski­fah­ren - aber was soll's?
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Ein selt­sa­mes Quar­tier ha­ben wir da mit dem Der­by er­wi­scht. So ver­gnü­gen wir uns al­so 4 Ta­ge in ei­nem ge­müt­li­chen 4-Bett-Zim­mer der Ka­te­go­rie «oh­ne Flö­he und Läu­se». Al­les an­de­re hat et­wa die Qua­li­tät ei­ner ita­lie­ni­schen Berg­hüt­te ober­halb 3000 m Hö­he. Mit ei­nem Un­ter­schied: Das Es­sen ist dort bes­ser, der Wein süf­fi­ger - und das La­ger här­ter.
Nach­dem ich mich al­so von dem Kul­tur­schock er­holt ha­be, die Kof­fer not­dürf­tig aus­ge­packt sind und der ers­te Schluck Cal­va­dos durch die Keh­le ge­lau­fen ist, es­sen wir zu Abend. Et­was we­ni­ger Streu­salz wür­de dem Koch durch­aus gut zu Ge­sicht ste­hen. Wir wer­den auch hier mit der bos­ni­schen Rea­li­tät kon­fron­tiert. Denn die Mäd­chen, die hier be­die­nen (und zum Teil auch das Salz streu­en), ar­bei­ten für ih­re Ver­wand­ten in Bos­ni­en, ei­nem Teil des ehe­ma­li­gen Ju­go­sla­wiens. Es ist Bür­ger­krieg in Eu­ro­pa.
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Der ers­te Tag be­ginnt oh­ne Son­ne und auf be­ton­har­ter Pis­te. Oh­ne das rich­ti­ge Trai­ning und oh­ne Vor­be­rei­tung bin ich den An­stren­gun­gen und Stür­zen die­ses Ta­ges kaum ge­wach­sen. Ich fah­re den fünf­ten Tag Snow­board und mei­ne Bö­gen sind so eckig, daß sich Ska­ty für ei­ne Fahrt mei­ner er­barmt. Er zeigt mir ei­ni­ge Tricks, um die Rich­tung bes­ser be­stim­men zu kön­nen. Und so ler­ne ich un­ter Schmer­zen, wie man mit der Hand die Fahrt­rich­tung vor­gibt. Und tat­säch­lich be­wegt sich das Snow­board in die rich­ti­ge Rich­tung. Wir blei­ben den gan­zen Tag am Rin­der­berg, dem Haus­berg von Zwei­sim­men, was im Volks­mund spä­ter als «Rin­der­wahn­sinn» be­zeich­net wer­den wird.

Wei­te­re Dra­men

Ich un­ter­wer­fe mich der har­ten Schu­le des Mit­fah­rens: In die­sem Ur­laub ler­ne ich zum ers­ten Ma­le das Fah­ren mit dem An­ker­lift. Ewig in Erin­ne­rung bleibt auch:
  • Die Fahrt von Saa­nen­mö­ser hin­ab nach St. Ste­phan, von wo wir im Schnee­sturm mit zwei sehr lan­gen An­ker­lif­ten zu­rück­fah­ren müs­sen und ich mich nur noch an mei­ne Frau an­klam­mern kann. Da­nach gra­be ich mich im Tief­schnee ein.
  • Nach ban­gen Mi­nu­ten tau­che ich wie­der auf. We­nig spä­ter stürzt sich ei­ne Beglei­te­rin in ei­nen schlecht ab­ge­sperr­ten, vier Me­ter tie­fen Trich­ter.
  • Un­ser Guide wird von Snow­boar­dern in die Zan­ge ge­nom­men und an­ge­fah­ren, wo­bei al­ler­dings nur Sach­scha­den ent­steht.
  • Ein Mäd­chen der Rei­se­grup­pe wird von ei­nem quer­fah­ren­den Snow­boar­der in den Wald bug­siert, was den Ret­tungs­hub­schrau­ber auf den Plan ruft. Der Auf­ent­halt im Kran­ken­haus ist zum Glück nur kurz. Erst viel spä­ter er­fah­re ich, dass der Un­fall blei­ben­de Schä­den und lang­wie­ri­ge Ge­richts­ver­fah­ren nach sich ge­zo­gen hat.
Tags dar­auf ver­su­che ich am Eg­g­li in Gstaad ei­ne Tief­schnee­pis­te zu fah­ren, was in ei­nem De­sas­ter en­det. Un­ver­letzt, aber völ­lig fer­tig, ent­kom­me ich der Quä­le­rei.
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Vier Ski­ta­ge rei­chen für ei­ne Men­ge Auf­re­gung!
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Von all dem exis­tie­ren (noch) kei­ne Bil­der, da ich mich auf dem Snow­board nicht so si­cher füh­le, daß ich ei­ne Ka­me­ra mit­neh­men wür­de. Aber auch das wird sich än­dern ...