Montgenèvre/Sestriere
Zwei Nationen
Ein Blick auf den bereits mehrfach angeführten Liftplan zeigt aber auch, dass wir es hier mit zwei Nationen zu tun haben: Ein Lift, der nicht gelb markiert ist, war geschlossen! Auch die Mentalität trennt die Gebiete, wobei es um Italien wieder einmal schlechter bestellt ist, als um Frankreich. Lifte am Rande des Gebiets werden, zumindest in der Nebensaison, nur am Wochenende geöffnet. Das Gebiet Côte Faure über Sauze d'Oulx ist mindestens unter der Woche komplett geschlossen. Dazu gehören ein Sessellift und ein Schlepplift mit zahlreichen Pisten. In Sestriere ist der Schlepplift Sises betroffen, in Cesana der Colle Bercia und, ganz generell, der kuppelbare Col Saurel.
Der Etikettenschwindel, der hier betrieben wird, ist unerhört. Man wirbt vollmundig mit Pistenkilometern, sperrt aber ganze Gebietsteile. Wir konnten so für das Gesamtgebiet nur 162 Pistenkilometer aufzeichnen, wobei die meisten Pisten auf italienischer Seite fehlen. Damit verbunden ist dann auch, dass man einige Hütten nur schwer anfahren kann und die Laufkundschaft ausbleibt. Auch als Kunde fühle ich mich verarscht. Ich bezahle stets denselben Preis. Ich kann erwarten, dass die Lifte geöffnet sind, für die ich bezahlt habe. An die Verantwortlichen gerichtet kann ich nur sagen: «So macht ihr keine Werbung für euer Skigebiet!»
Immerhin hält man die notwendigen Talabfahrten offen. So findet man eine Waldabfahrt hinunter in Richtung Cesana und von Sestriere nach Pragelato. Die Piste nach Pragelato ist eine echte Piste, obgleich sie wie ein Ziehweg entlang der Bahn geführt wird. Tagsüber ist man dort fast alleine, eine Abfahrt, die in Erinnerung bleibt.
Ein weiteres Unding ist die Beschilderung im italienischen Teil des Skigebiets. Die Schrift so winzig wie die Embleme der Beförderungsanlagen. Man muss trotz guter Augen sehr dicht heranfahren, um die Richtung zu erkennen und das Ziel zu identifizieren. Ich frage mich allen Ernstes, was man hier bei Nebel macht. Der Hintergrund der Schilder ist fast nebelgrau, sodass sie im Dunst verschwinden dürften. Am helligten Tage heben sie sich zwar gegen den Wald ab, nicht jedoch gegen den Schnee. Sicherlich gab es das Skigebiet zu Zeiten von Albert Einstein noch nicht, aber seinen Satz, dass der Klugheit Grenzen gesetzt sind, der Dummheit aber nicht, hätte er auch hier formulieren können. In Montgenèvre hingegen kommt die bewährte, gut lesbare französische Beschilderung zum Einsatz.