Ende
März 1995: Wir haben eine Skiwoche in
Zermatt hinter uns. Um
Flaine zu
erreichen, fahren wir von dort über den
Col
de Forclaz, passieren bei bestem Wetter
Chamonix und biegen bei
Cluses in Richtung
Flaine ab. Die Fahrzeuge
werden
am Ortsrand kostenlos abgestellt und im Laufe der Reise soweit zuschneien, dass wir sie am Ende ausgraben müssen.
*
Wir haben bei dieser Reise zwischen Appartement und
Hotel
wählen
können - und zu drei Paaren wählen wir das Hotel. Zwar kann
man
das selbige nicht mit einem Hotel der besseren Kategorie vergleichen,
dagegen
ist das
Troschana
in
Flirsch ein 4-Sterne
Hotel. Aber die sehr junge Belegschaft, die in diesem Metier allenfalls
zu jobben scheint, gibt sich doch zumindest alle Mühe, die
Gäste
bei Laune zu halten. Als wir das am Ende mit Ffr 150.-
Trinkgeld
honorieren, sind sie sogar ganz aus dem Häuschen - und spendieren uns eine weitere Flasche Wein.
*
Links: Ein
Bild, das den Ort
Flaine zeigt - und einen neuen Anhänger
(und
damit Anfänger) des Snowboardfahrens. Denn an einem Tag, an dem
alle
Lifte der Station wegen schwerer Stürme geschlossen sind oder im
Laufe
des Tages geschlossen werden, fasse ich mir ein Herz und miete mir ein
futuristisch anmutendes
Snowboard, das
ich mit harter Bindung fahre.
*
Allein der Lift zwischen
zwei
Ebenen der Station, der Télébenne, hat noch offen, eine
kleine Stehgondel, die es auch heute noch gibt. 4½
Stunden
lang fahre ich immer wieder dieselbe S-Kurve mit einem
Höhenunterschied
von vielleicht 30 m. Der junge Mann am Lift muss mich
für
verrückt halten, aber das zählt jetzt nicht!
*
Nicht immer ist das Wetter so gut wie auf diesen
Bildern. Und von einem
solchen
Tag, an dem uns das ohnehin sehr wechselhafte Wetter einen heftigen
Streich
spielen sollte, handelt die folgende Geschichte.
*
Hans, unser Guide, hat das Programm noch nicht durch. Heute steht
Les
Carroz
an.
Und trotz schlechten Wetters und Regen im Ort sind wir unverdrossen
unterwegs. Bis wir dann schließlich wieder den
Tête
du Pré des Saix erreichen, hat es sich sich richtig
eingeschneit.
Der Seemann würde angesichts der Wolken wohl von einer "Suppe"
reden.
Nun, so kommen wir uns auch vor. Alles im Nebel und der Schnee so tief,
dass ich mich kaum zu fahren traue. Irgendwie überwinden wir dann
doch diese grauenvolle Tiefschneeabfahrt - und dann geht es erst
richtig
zur Sache!
*
Wir werden das, was dann folgt, später den
Höllenritt am Téléski des Grands Vans nennen, einem Tellerlift ältest möglicher Bauart.
Die Eisenstangen sind vereist und ich greife die erste Stange heraus, die mir sogleich aus den Händen gerissen wird. Die nächste
erwische ich noch so eben, schiebe mir den Teller zwischen die Beine - und werde hinfortgerissen.
Ich
bleibe auf den Beinen, die Fahrt geht weiter. Durch den steten Wind und die schlechte Witterung haben sich Querrillen
in die Liftspur gegraben. Und über solche hüpfen wir nun. Zwei scharfe Kurven nimmt der Lift. Jeder wird später versichern,
dass er sich wie verrückt an das Eisenrohr geklammert habe! Und wie ein Wunder fällt auch niemand heraus. Der Rest der
Rückfahrt ist Formsache.
*
Links: Am Ausstieg des Téléski des Grands Vans an einem wirklich schönen Tag. Heute ist
die Fahrspur des Lifts von Schleppern präpariert und platt wie die norddeutsche Tiefebene. Abends kommt
dann die Frage auf:
«Kann man Flaine vergessen?»
Das Skigebiet ist groß, relativ einfach zu befahren und von Engländern dominiert. Meine Erinnerung daran ist, dass mir nichts
so in Erinnerung geblieben ist, dass ich es um jeden Preis hätte wieder besuchen müssen (auch wenn ich das 20 Jahre später wieder tun werde)
und dass wir gut daran getan haben, ein Hotel zu wählen und dabei nicht so pingelig auf den Service zu achten. Und natürlich hat mir Flaine das
Snowboard nahe gebracht. Und daher werde
ich Flaine
nie vergessen.
«Der Philosophenstreit»
Eine weitere Frage wird mein Engagement mit dem Snowboard aufwerfen:
Was lernt man schneller: Ski oder Snowboard
fahren?
Diese Frage spaltet die Skifahrernation etwa so wie die Frage des Atomausstiegs (damals) die Wählernation spaltet(e), oder halt die Kettenreaktion das
Uran. Natürlich werden auch diejenigen mit diskutieren, die gar nicht Snowboard fahren. Und die, die das eine schon ewig können und das andere
vielleicht nie richtig lernen werden, sind auch dabei. Meine Frau wird sich in soweit an der Diskussion beteiligen, als sie zu verstehen gibt, dass sie aus
Angst vor blauen Flecken lieber beim Ski fahren bleibt. Andere werden sich über die Frage streiten, was denn nun Ski fahren können heißen mag. Oder Snowboard
fahren. Nun kommt auch noch die Frage hinzu, wie man das richtig schreibt!1
Oh Babylon, welche eine Verwirrung.
1
Die
Gültigkeit dieses Satzes endete am 10. Januar 2015. Niemand kann
sich dann mehr daran erinnern, dass sich die ewig Gestrigen unter uns
über eine Rechtschreibreform aufgeregt haben, auch wenn die
Getrenntschreibung von Verben und die nun häufigere
Großschreibung von Worten zugegebenener
Maßen gewöhnungsbedürftig ist...