Flaine mit dem Skiclub Bingen
Ein Rückblick auf das Jahr 1995
Ende März 1995: Wir haben eine Skiwoche in Zermatt
hinter uns. Um Flaine zu erreichen, fahren wir von dort über den Col
de Forclaz, passieren bei bestem Wetter Chamonix
und biegen bei Cluses in Richtung Flaine ab. Die Fahrzeuge
werden am Ortsrand kostenlos abgestellt und im Laufe der Reise soweit zuschneien, dass wir sie
am Ende ausgraben müssen.
Wir haben bei dieser Reise zwischen Appartement und Hotel wählen können - und zu drei Paaren wählen wir das Hotel. Zwar kann man das selbige nicht mit einem Hotel der besseren Kategorie vergleichen, dagegen ist das Troschana in Flirsch ein 4-Sterne Hotel. Aber die sehr junge Belegschaft, die in diesem Metier allenfalls zu jobben scheint, gibt sich doch zumindest alle Mühe, die Gäste bei Laune zu halten. Als wir das am Ende mit Ffr 150.- Trinkgeld honorieren, sind sie sogar ganz aus dem Häuschen - und spendieren uns eine weitere Flasche Wein.
Ein Bild, das den Ort Flaine zeigt - und einen neuen Anhänger (und damit Anfänger) des Snowboardfahrens. Denn an einem Tag, an dem alle Lifte der Station wegen schwerer Stürme geschlossen sind oder im Laufe des Tages geschlossen werden, fasse ich mir ein Herz und miete mir ein futuristisch anmutendes Snowboard, das ich mit harter Bindung fahre.
Allein der Lift zwischen zwei Ebenen der Station, der Télébenne, hat noch offen, eine kleine
Stehgondel, die es auch heute noch gibt. 4½ Stunden lang fahre ich immer wieder dieselbe
S-Kurve mit einem Höhenunterschied von vielleicht 30 m. Der junge Mann am Lift muss mich
für verrückt halten, aber das zählt jetzt nicht!
Nicht immer ist das Wetter so gut wie auf diesen Bildern. Und von einem solchen Tag, an dem uns das ohnehin sehr wechselhafte Wetter einen heftigen Streich spielen sollte, handelt die folgende Geschichte.
Hans, unser Guide, hat das Programm noch nicht durch. Heute steht Les Carroz an.
Und trotz schlechten Wetters und Regen im Ort sind wir unverdrossen unterwegs. Bis
wir dann schließlich wieder den Tête du Pré des Saix erreichen, hat es sich sich
richtig eingeschneit. Der Seemann würde angesichts der Wolken wohl von einer "Suppe"
reden. Nun, so kommen wir uns auch vor. Alles im Nebel und der Schnee so tief, dass ich
mich kaum zu fahren traue. Irgendwie überwinden wir dann doch diese grauenvolle
Tiefschneeabfahrt - und dann geht es erst richtig zur Sache!
Wir werden das, was dann folgt, später den Höllenritt am Téléski des Grands Vans nennen, einem Tellerlift ältest möglicher Bauart. Die Eisenstangen sind vereist und ich greife die erste Stange heraus, die mir sogleich aus den Händen gerissen wird. Die nächste erwische ich noch so eben, schiebe mir den Teller zwischen die Beine - und werde hinfortgerissen.
Ich bleibe auf den Beinen, die Fahrt geht weiter. Durch den steten Wind und die schlechte
Witterung haben sich Querrillen in die Liftspur gegraben. Und über solche hüpfen wir
nun. Zwei scharfe Kurven nimmt der Lift. Jeder wird später versichern, dass er sich wie
verrückt an das Eisenrohr geklammert habe! Und wie ein Wunder fällt auch niemand heraus.
Der Rest der Rückfahrt ist Formsache.
Am Ausstieg des Téléski des Grands Vans an einem wirklich schönen Tag. Heute ist die Fahrspur des Lifts von Schleppern präpariert und platt wie die norddeutsche Tiefebene. Abends kommt dann die Frage auf:
«Kann man Flaine vergessen?»
Das Skigebiet ist groß, relativ einfach zu befahren und von Engländern dominiert. Meine Erinnerung daran ist, dass mir nichts so in Erinnerung geblieben ist, dass ich es um jeden Preis hätte wieder besuchen müssen (auch wenn ich das 20 Jahre später wieder tun werde), und dass wir gut daran getan haben, ein Hotel zu wählen und dabei nicht so pingelig auf den Service zu achten. Und natürlich hat mir Flaine das Snowboard nahe gebracht. Und daher werde ich Flaine nie vergessen.Eine weitere Frage wird mein Engagement mit dem Snowboard aufwerfen:
Was lernt man schneller: Ski oder Snowboard fahren?
Diese Frage spaltet die Skifahrernation etwa so wie die Frage des Atomausstiegs (damals)
die Wählernation spaltet(e), oder halt die Kettenreaktion das Uranatom. Natürlich werden
auch diejenigen mit diskutieren, die gar nicht Snowboard fahren. Und die, die das eine
schon ewig können und das andere vielleicht nie richtig lernen werden, sind auch dabei.
Meine Frau wird sich in soweit an der Diskussion beteiligen, als sie zu verstehen gibt, dass
sie aus Angst vor blauen Flecken lieber beim Ski fahren bleibt. Andere werden sich über die
Frage streiten, was denn nun Ski fahren können heißen mag. Oder Snowboard fahren. Nun kommt auch
noch die Frage hinzu, wie man das richtig schreibt!1
Oh Babylon, welche eine Verwirrung.
1 Die Gültigkeit dieses Satzes endete am 10. Januar
2015. Niemand kann sich dann mehr daran erinnern, dass sich die ewig Gestrigen unter uns über eine
Rechtschreibreform aufgeregt haben, auch wenn die Getrenntschreibung von Verben und die nun häufigere
Großschreibung von Worten zugegebenener Maßen gewöhnungsbedürftig ist ...