Ski­sa­fa­ri 2020

20 Ski­ta­ge in Fol­ge

Die Ski­sa­fa­ri 2020 ist ei­ne Art «Ent­de­ckungs­rei­se». Wir in­ves­tie­ren drei Wo­chen in ei­ne ein­zi­ge Fahrt und ma­chen ei­nen Streif­zug durch Frank­reich mit ei­nem Ab­ste­cher nach Ita­li­en. Wir fah­ren wei­ter nach Sü­den als je zu­vor und wer­den da­für am En­de mit groß­ar­ti­gen Ein­drücken be­lohnt. Vom Cora­na­vi­rus, das Deutsch­land und die Welt in den fol­gen­den Mo­na­ten in Atem hal­ten wird, hat man bis da­hin noch nichts ge­hört.

Wir hatten schon lan­ge kei­nen neu­en Ski­ge­bie­te mehr ge­se­hen, nicht zu­letzt weil die, die es nach un­se­rer Ein­schät­zung Wert wä­ren, jen­seits des Col du Lau­ta­ret lie­gen, je­nem Pass, der den Tal­ort von l'Al­pe d'Huez, le Bourg-d'Ois­ans, von Ser­re Che­va­lier trennt. (Bild­ma­te­ri­al OSM-BKG). Al­so pa­cken wir den Wa­gen für ei­ne Rei­se, die in un­se­re Ana­len ein­ge­hen wird, fügt sie doch mit ei­nem Schlag un­se­rer Samm­lung vier neue Ge­bie­te hin­zu.

Wie­der ein­mal sorgt Ku­ros für gu­tes Ski­wet­ter, 22 Ta­ge lang. Ein klei­ner Un­fall an ei­nem ur­al­ten Lift führt letzt­lich da­zu, dass wir nur 20 da­von nut­zen wer­den, al­ler­dings in Fol­ge. Die Schnee­ver­hält­nis­se sind auf der Pis­te über­all gleich gut, bes­ser ge­sagt «sen­sa­tio­nell», so­dass wir sehr lan­ge zu­rück­den­ken müs­sen, um uns an ver­gleich­ba­re zu er­in­nern: Es ist an al­len Ta­gen so kalt, dass wir den Aus­druck «Sulz­schnee» fast aus un­se­rem Wort­schatz ver­lie­ren. Das be­schert uns eis- und stein­freie Pis­ten. Und zwei kur­ze Neu­schnee­ein­la­gen sor­gen da­für, dass die zu­vor ge­sperr­te Pis­te le Tun­nel von l'Al­pe d'Huez ge­öff­net wird und ich er­le­ben kann, wie un­ser voll be­la­de­ner Au­to­ma­tik­wa­gen mit Heck­an­trieb den ver­schnei­ten Col de Vars ge­ra­de­zu hin­auf­prescht, oh­ne dass die As­sis­tenz­sys­te­me merk­lich ein­grei­fen müs­sen.

Die Rei­se be­ginnt am Sonn­tag, den 5. Ja­nu­ar, mit der An­fahrt auf la Clu­saz, ei­nem klei­nen Ski­ge­biet, das wir an zwei Ta­gen prak­tisch kom­plett ab­fah­ren. Be­ein­dru­ckend ge­löst ist die Rück­fahrt in den schon fast mon­dä­nen Ort: Von al­len Po­si­tio­nen aus er­reicht man ei­ne der end­los lan­gen Tal­ab­fahr­ten. Wir ha­ben mit der 4-Ster­ne Un­ter­kunft Oda­lys ei­nen gu­ten Griff ge­tan. Es ist ei­ne von zwei Un­ter­künf­ten der Grup­pe, die ein Ho­tel in­te­grie­ren, sau­ber, mo­dern, freund­lich und ge­fäl­lig ge­baut. (»»La Clu­saz)

Am Abend des 7. Ja­nu­ar tref­fen wir, über den Col des Ar­ra­vis kom­mend, in les Deux Al­pes ein. Die Un­ter­kunft ist ziem­li­cher Schrott, wenn auch ge­räu­mig und sehr gut ge­le­gen am Orts­ein­gang. Nach­dem ich die ver­klemm­ten Schnap­per zwei­er Tü­ren re­pa­riert ha­be, schlie­ßen Klo- und Kü­chen­tür wie­der. Letzt­lich re­ge­le ich auch al­le an­de­ren Pro­ble­me mit der Re­zep­ti­on, in­dem ich der freund­li­chen Da­me die lan­ge Lis­te der de­fek­ten Tei­le zei­ge, mit ei­ner Sys­tem­ka­me­ra sorg­fäl­tig do­ku­men­tiert. Am En­de der in fran­zö­sisch ab­lau­fen­den Un­ter­re­dung streicht sie die Kur­ta­xe. So er­le­ben wir bei bes­ten Schnee- und Licht­ver­hält­nis­sen die nach un­se­ren Maß­stä­ben 100 Pis­ten­ki­lo­me­ter als groß­ar­ti­gen Ur­laub. Ei­ni­ge der Pis­ten sind ex­trem steil, we­gen der gu­ten Be­din­gun­gen grei­fen die Kan­ten aber zu­ver­läs­sig. 2013 war noch ein Tag la Gra­ve im Ski­pass ent­hal­ten. Das hat man lei­der mitt­ler­wei­le auf­ge­ge­ben. Da nicht nur la Gra­ve son­dern auch die Über­fahrt hin­ter ei­ner Pis­ten­rau­pe be­son­ders spek­ta­ku­lär war, be­daue­re ich das sehr. (»»Les Deux Al­pes)

Skisafari 2020, les 2 Alpes - l'Alpe d'Huez, Nebenstrecke Von les Deux Al­pes aus be­su­chen wir an zwei Ta­gen l'Al­pe d'Huez. Die Fahrt über die Ne­ben­stre­cke ist eben­falls spek­ta­ku­lär und 5 km kür­zer, al­ler­dings ver­braucht man den Zeit­ge­winn fast im­mer in ei­ner der zahl­rei­chen Aus­weich­stel­len und bei der Orts­durch­fahrt le Pon­teil. L'Al­pe d'Huez ist für mich das span­nends­te Ge­biet die­ser Rei­se. Denn ne­ben der groß­ar­ti­gen Sa­renne-Abfahrt bie­tet es mit der Pis­te le Tun­nel ei­ne wirk­lich be­ein­dru­cken­de, wenn auch nicht über­mä­ßig schwie­ri­ge Bu­ckel­pis­te. Da­zu kom­men zahl­lo­se Pis­ten­ki­lo­me­ter, ei­ni­ge schwie­rig, an­de­re land­schaft­lich sehr reiz­voll. Auch die Be­haup­tung, dass man die größ­ten Hö­hen­un­ter­schie­de der Welt ha­be, ist nicht ganz falsch, ist aber aber nur für die nutz­bar, die die le Tun­nel fah­ren kön­nen. Zu­dem wird Zer­matt nur um 10 Hö­hen­me­ter über­bo­ten. Und un­se­re Ver­mes­sun­gen zei­gen, dass es hier tat­säch­lich ei­ne der längs­ten Ab­fahr­ten der Al­pen gibt. Al­ler­dings ist das nicht die Sa­ren­ne, die be­kant­lich auch als Pis­te hin­ter der les Cas­ca­des von Flaine zu­rück­bleibt. (»»L'Al­pe d'Huez)

Die ers­ten bei­den Un­ter­künf­te hat­ten wir vor Rei­se­be­ginn ge­bucht, von nun an bu­chen wir «von Ziel zu Ziel». Mit dem Col du Lau­ta­ret be­tre­ten wir das Ge­biet der See­al­pen.

Er­grif­fen ste­he ich an der Kas­se in le Mo­nê­tier les Bains. Dass ich es ein­mal über den Col du Lau­ta­ret schaf­fen wür­de, nach Ser­re Che­va­lier, hät­te ich nicht er­war­tet. Und so sind wir denn auch al­lein auf der an­de­ren Sei­te des Pas­ses. Wir hö­ren hier kein Deutsch mehr! Wir er­le­ben 4 wun­der­schö­ne Ta­ge in ei­nem to­tal un­ter­schät­zen, un­er­war­tet an­spruchs­vol­len Ski­ge­biet mit vie­len lan­gen Pis­ten, schö­nem Lo­go, brauch­ba­rer App und mo­der­nen Be­för­de­rungs­an­la­gen an al­len neu­ral­gi­schen Punk­ten. (»»Ser­re Che­va­lier)

«Vars/Ri­soul war die gro­ße Über­ra­schung für mich», spricht mei­ne Frau. Tat­säch­lich hat­te ich es zu­nächst nur als den süd­lichs­ten Punkt der Rei­se aus­ge­wählt, gut 100 km Luft­li­nie von Niz­za ent­fernt. Nen­ne ich die­se Zahl, er­star­ren die Zu­hö­rer vor Ehr­furcht. Wer kennt das Ge­biet? So weit im Sü­den kann es doch gar kei­nen gu­ten Schnee ge­ben, wer­den Sie den­ken. Aber das stimmt nicht. Wir tref­fen auf den bes­ten Schnee die­ser Rei­se, er­gänzt um fri­sche 20 cm in der Nacht vor un­se­rer An­rei­se. Da­zu kommt am Col de Crévoux, 2503 m, ein atem­be­rau­ben­der Blick auf den Lac de Ser­re Pon­çon, der im­mer mal wie­der in un­se­ren Som­mer­ur­laubs­ge­schich­ten auf­taucht. (»»Vars Ri­soul)

Zwar er­rei­chen wir oh­ne nach­zu­tan­ken von Vars aus am En­de Bonn, 1100 km Fahr­stre­cke, aber die­sen Weg wol­len wir dann doch nicht an ei­nem Tag fah­ren. So bu­chen wir noch 7 Ta­ge in Ce­sa­na To­ri­ne­se, dem Mit­tel­punkt der Ski­schau­kel Mont­ge­nè­vre/Se­stri­ere. Hät­te ich das auch ge­macht, wenn mir klar ge­we­sen wä­re, dass es dort kei­ne Tal­ab­fahr­ten gibt? Wie dem auch sei. Wir ha­ben im Ho­tel Cha­let Ca­sa Ce­sa­na ein ge­räu­mi­ges Zim­mer, ein ein­fa­ches aber stets le­cke­res, durch und durch ita­lie­ni­sches Es­sen, so­wie ein un­glaub­li­ches Preis-/Leis­tungs­ver­hält­nis, das al­ler­bes­te die­ser Rei­se. Da­zu be­treut uns Gi­u­lia, die sich sicht­lich freut, wie­der ein­mal deutsch spre­chen zu kön­nen, aufs Herz­al­ler­liebs­te. Dass in Ita­li­en vie­le Lif­te nur am Wo­che­n­en­de ge­öff­net wer­den, ist das ein­zi­ge Man­ko. Aber es trifft nicht nur uns son­dern auch die Hüt­ten­wir­te. Das Ge­biet selbst haut uns nicht um, al­ler­dings konn­ten wir 162 km Pis­te ver­mes­sen, wo­mit es zu den größ­ten Ski­ge­bie­ten der Al­pen zählt. Ei­ni­ge schwar­ze Pis­ten blei­ben in Erin­ne­rung. (»»Mont­ge­nè­vre/Se­stri­ere)

Un­se­re Rei­se en­det am 27. Ja­nu­ar, ei­nem Mon­tag, mit der Rück­fahrt durch den 13 km lan­gen Tun­nel du Fréjus. Auch wenn man zu­nächst glaubt, dass es trotz ge­rin­gen Ver­kehrs­auf­kom­mens nicht vor­an ge­he: Es wer­den nur so vie­le Fahr­zeu­ge in den Tun­nel ge­las­sen, dass der 150 m Ab­stand ein­ge­hal­ten wer­den kann. Blaue Lich­ter mar­kie­ren die Di­stanz und Hin­weis­schil­der leuch­ten auf, wenn man dich­ter auf­fährt. Wir las­sen uns die Durch­fahrt 41 Eu­ro kos­ten. Bis in die Schweiz, wo wir noch auf der Vig­net­te vom Vor­jahr fah­ren kön­nen, kom­men wei­te­re 26 Eu­ro hin­zu. Wir neh­men die Rou­te über Neuchâtel und Biel/Bi­enne nach Ba­sel. Mit 950 km ist es die längs­te Ta­ges­etap­pe al­ler un­se­rer Ski­rei­sen. Dass hin­ter uns die Cora­na­vi­rus­wel­le ge­gen das Berg­mas­siv prallt, durch des­sen Tun­nel wir nur ganz knapp ent­kom­men, ist uns zu die­sem Zeit­punkt noch nicht be­wusst.

Ak­tua­li­tät: Ja­nu­ar 2020