Fluchtkogel
Ein Ausflug über Eis zur Vernagt Hütte
Es ist ein wunderschöner Morgen und die tiefstehende Sonne wirft starke
Schatten. Ich habe auf der Hütte herumgefragt, ob mich jemand am Seil
mitnehmen würde über die Gletscher. Zwar habe ich viel über Gletscher und
Gletschergehen gelesen, aber es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn man
plötzlich
in der Einsamkeit der Gletscherwelt steht und daran denkt, dass schon ganze
Seilschaften in Spalten verschwunden sind. Andererseits hat diese Welt
aber auch ihren eigenen Reiz und eine unglaubliche Anziehungskraft. Wer
an einem schönen Tag auf dem Dach der (europäischen) Welt steht, der erfährt
die Bedeutung des Wortes «Ergriffenheit».
*
Dass ich mich mit den geringen finanziellen Mitteln, die mir für einen
solchen Urlaub zur Verfügung stehen, dann am Ende doch noch sehr weit nach
oben trauen kann, rechne ich mir hoch an.
Auch wenn das Frühstück nur aus Brot, Butter und einer Lage Zwiebeln besteht,
die ich in einer Aludose mit mir führe - den Spaß, den ich an den Bildern dieser
Reise empfinde, kann Geld nicht aufwiegen. Dass die Hüttengäste der Vernagt
Hütte ob der schier unessbaren Frühstücksbrote fast zusammenbrechen,
mache ich mir nicht zum Problem.
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Am nächsten Tag ruft ohnehin ein neuer Berg und eine neue Herausforderung
- und das ältere Ehepaar, das mich zum Fluchtkogel mitgenommen hat, wird nicht
zur Wildspitze weitergehen. Also suche ich neue Begleiter und finde zwei
Amerikaner, die das selbe Ziel ins Auge gefasst haben: Die Wildspitze.