Col du Tourmalet
Ein harter Tag und ein Pony im Glück
«Was
hat», wird sich der geneigte Leser fragen, «ein Pony mit
dem
Col du Tourmalet zu tun?». Dazu muss man wissen, dass in
den
Pyrenäen viele domestizierte Tiere einfach frei herum laufen.
Zäune
sind hier oben unbekannt. Und so kann es passieren, dass man um eine
Kurve
biegt und sich dort eine Kuh oder auch eine Herde von Kühen
befindet.
Aber dazu später.
*
Das Unwetter ist verzogen und die Sonne scheint wie gewohnt. Wieder
klingelt
das Handy um 5.45 Uhr, diesmal auf dem Camping von
Bagnère-de-Bigorre.
Im Dunklen fahre ich auf dem rechten Ufer der Adour bis Campan, wo ich
auf die Hauptstraße wechseln muss. Campan ist bekannt für
seine
lebensgroßen Strohpuppen, die überall am Straßenrand
auftauchen.
Bis zum Fuß des Passes in Ste.-Marie de Campan habe ich
Gegenwind.
Aber von dort fahre ich, einem Uhrwerk gleich, mit langsamer
Geschwindigkeit
bergan. Die letzten 10 km steigen mit 9,5% und bei
zunehmendem
Autoverkehr werden sie immer schwerer.
Nach 1650 Höhenmetern stehe ich auf der Passhöhe des Col
du
Tourmalet, ein Traum für jeden, der schon andere Pässe in
den französischen
Alpen gefahren ist. 8 Jahre nach meinem letzten großen Pass, dem Col
Agnel, stehe ich wieder auf einem der großen Pässe,
zudem
einer, der zum Mythos der Tour de France beigetragen hat.
*
Nachdem ich an dem Denkmal für die Giganten des Tourmalet
angeschlagen
habe, fahre ich zurück in den hässlichen Skiort la Mongie,
wo ich mein Begleitfahrzeug treffen will. Auf der gut asphaltierten und
breiten Straße erreicht das Rad Tempo 65. Die Pferde, die ich
bergauf
passiert hatte, stehen unterhalb der Straße, also keine Gefahr.
Allerdings
sehe ich nur die Köpfe, und so gehe ich davon aus, dass das
zugehörige
Fohlen auch dabei ist. Aber dem ist nicht so! Das Fohlen steht auf der
anderen Straßenseite und macht Anstalten, dieselbe zu wechseln.
Ich
ziehe die Notbremse. Das Rad bricht mit blockierendem Hinterrad aus,
aber
ich pariere geschickt. Von unten kommt mir ein Auto entgegen, das das
Pony
vorbeigehen lässt. Aber auch das Pony bemerkt nun, dass die Idylle
ein Ende hat, und es bewegt sich schneller. Mit blockierendem Hinterrad
rutsche ich auf das Auto zu, wobei sich langsam eine Lücke
zwischen
Pferd und Wagen auftut. Und ich wähne den Schweif des Ponies in
meinem
Gesicht, als ich die Lücke treffe und hinter dem Tier noch gerade
an dem Auto vorbei schlittere.